Den Ronaldo kann man ja nur hassen

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Erst heute Vormittag erzählt mir ein älterer Weggefährte, der letzte Woche mit seiner Frau auf Madeira den wohlverdienten Urlaub verbrachte, von ihm. Von Cristiano Ronaldo, Ur-Madeiraner, Fußball-Ausnahmeerscheinung und Hassobjekt in Personalunion. Während er von ihm berichtet, beginnen die Augen des Pensionisten zu leuchten. „Das alte Haus, in dem der Ronaldo aufgewachsen ist, steht ja nicht mehr. Aber für seine Schwestern und seine Mutter hat er ein neues gebaut. Der ist überhaupt ein guter junge. Beim Erdbeben in Nepal damals, hat er sofort drei Millionen Euro überwiesen.“ Stopp, stopp, stopp. Cristiano Ronaldo soll ein guter Junge sein? DER Cristiano Ronaldo, der entweder wie ein stolzer Gockel oder ein verweintes Kind auf dem Platz rumrennt? Sicher nicht. Der Typ ist affektiert, arrogant und abgehoben. Der ist so einer, den man scheitern sehen will, den man verlieren sehen will, Elfer verschießen sehen will. Dem gönnt man nichts, kein erfolgreiches Dribbling, kein Tor und schon gar keinen (Turnier)Sieg. Der glaubt ja wer er ist. Der ist alles, aber sicher kein guter Junge.
Der einzige gute Junge unter den (Fußball)Weltstars ist der Messi. Ganz klar. Das sieht man ihm schon an. Der ist kein selbstgerechter Muskelprotz, der seinen trainierten Sixpack offen zu Schau stellt. Der zieht nicht bei jedem Jubel sein Leibchen aus und posiert für die Kameras. Nein, nein. Überhaupt ist der Argentinier eine sympathische Erscheinung. Keine 1,70 Meter ist der groß und doch voller Durchsetzungskraft. Ein richtiger Kämpfer. Als kleiner Junge musste er sogar Hormone nehmen, dass er endlich wächst. DAS zeugt von Größe. Und abgesehen davon spielt der Messi extrem mannschaftsdienlich. Der stellt nicht sich selbst in die Auslage, sondern seine Mitspieler. In der argentinischen Nationalmannschaft ist er sogar so teamfähig, dass er während der WM die Aufstellung gemacht hat und nicht der Trainer. So einer ist das. Der kümmert sich um alles und ist noch dazu ein Vorbild für die Jugend. Trotz seines körperlichen Nachteils hat er es nämlich ganz nach oben geschafft. Und dass er da oben angekommen, auch etwas verdienen will, sollte keine Straftat sein. Alles Neider, die ihn wegen der Steuerhinterziehungskiste da verurteilen. Das würde doch ein jeder von uns gleich machen. Messi hat als Barcelona-Spieler genug für Spanien geleistet, da braucht dieser marode Staat nicht auch noch Millionen an Steuern von ihm einheben.
Nein, Messi, das ist ein guter Junge. Da kann der Ronaldo noch so viele Millionen Euro an irgendwelche Hilfsorganisationen spenden oder Kindern Operationen zahlen. Das ist doch alles nur Heuchelei und PR. Und dass der Ronaldo-Junge heimatverbunden und ein Familienmensch sein soll stimmt auch nicht. Als er damals von Madeira ins Internat von Sporting Lissabon gekommen ist, soll er ja geheult haben, vor lauter Heimweh. Pustekuchen. Der war eben damals schon ein arroganter Sack und deshalb der Außenseiter. Wer so auftritt hat sich das nicht anders verdient. Ehrgeiz ist eben auch ein Geiz. Und die Geschichte von „ganz unten, nach ganz oben“, hat nun mal ihre Schattenseiten. Erfolg verdirbt den Charakter. Dieser Ronaldo gönnt sich ja nicht einmal einen Schluck Alkohol. Eh klar warum. Das würde ihn menschlich machen, greifbar. Aber nein, er ist eben etwas besseres als wir, die auf der Tribüne stehen, mit einem Bier in der Hand. Und nur, weil er den Traum lebt, den alle kleinen Buben träumen. Nur, weil er ein außergewöhnliches Talent besitzt und es geschafft hat. Nur, weil er diszipliniert an sich und seinen Fähigkeiten arbeitet. Nur, weil er ab und zu Gutes tut. Bitte, deshalb ist er noch lange kein guter Junge. Sicher nicht!


Foto (c) Jan S0L0, Cristiano Ronaldo tras el gol, flickr.com

Weitere Lektüre und viel besser argumentiert: Public Enemy Number Seven (Spiegel Online)

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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