Das Haus – zweiter Teil

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Es war an einem Wochenende im Mai. Es war das Wochenende an dem ihre Eltern gemeinsam auf einen zweitägigen Ausflug fuhren. Tim und Liesa waren dreizehn und in den Augen ihrer Eltern vernünftig genug, um eine Nacht alleine zu Hause verbringen zu können. Frau Kuhn, die Nachbarin von Liesas Eltern, sollte ein Auge auf die beiden haben und beim Abendessen kurz vorbeischauen. Frau Kuhn war eine alte Frau, jenseits der 80 und würde früh zu Bett gehen. Das wussten die beiden. So war der Weg frei für ihre Mission, die endlich etwas Gewissheit bringen sollte. Was war in dem Haus? Wieso konnten die Forscher nichts finden? Woher kamen diese Geräusche?
Liesa und Tim waren kurz vor Mitternacht aufgebrochen. Das war die beste Zeit, denn hier waren die Straßenlaternen bereits im Nachtmodus, also deutlich abgedunkelt und die meisten Menschen, Eltern und Kinder, schliefen. So konnten die beiden unbemerkt aus dem Haus schleichen, durch Vorgärten huschen und bis ans Ende der Straße gelangen. Die Straße war eine Art Sackgasse, an deren Ende nur ein schmaler Trampelpfad am Grundstück des Geisterhauses entlangführte.
Das Haus selbst lag hinter einem hohen Holzzaun, der durch die wuchernden Pflanzen kaum noch zu sehen war. Von der Straße aus, wo für gewöhnlich nur Autos wendeten, konnte man nur einen kleinen Teil des Hauses sehen. Nun standen Liesa und Tim auf diesem Wendeplatz und direkt vor der dem verschlossenen Tor. Der Abenteuergeist war einem Gefühl von Unwohlsein und Nervosität gewichen. Die beiden konnten es zu diesem Zeitpunkt nicht wissen, doch später in der Nacht würden einige ihrer Fragen tatsächlich beantwortet werden, aber so ganz anders, als sie es sich zu diesem Zeitpunkt ahnten.
Liesa war es, die die angespannte Stille unterbracht und Tim am Ärmel zog. Mit einem kaum merkbaren Zucken ihres Kopfes deutete sie ihm, dass sie direkt neben dem rostigen, verwachsenen Tor ein Loch im Zaun entdeckt hatte. Tim wurde ganz anders, als ihm bewusst wurde, dass sie nun tatsächlich gleich auf dem Grundstück des alten Hauses stehen würden. Direkt und mitten drin. Ihm blieb jedoch keine Zeit für Proteste. Noch bevor er seinem Widerwillen hätte Ausdruck verleihen können, war Liesa aus seinem Blickfeld und durch das Loch im Zaun verschwunden.
Auf der anderen Seite angelangt, standen die beiden erst einmal in völliger Dunkelheit. Die Hecken die das Grundstück säumten, waren über all die Jahre zu stattlicher Größe und Dichte herangewachsen, so dass kaum Licht der Straßenlaternen auf das Grundstück fiel. Nur der Mond, der sich an diesem Abend immer wieder hinter Wolken versteckte, spendete etwas Licht, das die grauen Mauern des Geisterhauses leicht leuchten ließ und der gesamten Szenerie tatsächlich etwas Gespenstisches verlieh. Auch wenn Liesa und Tim so gar nicht wohl war und sie den Ort lieber sofort als gleich verlassen hätten, war ihre Neugier zu groß. Anstatt Reißaus zu nehmen, machten sie ihre mitgebrachten Taschenlampen an und schlichen los.

Schauergeschichten

Die Schauerliteratur entstand Mitte des 18. Jahrhunderts in England und wird der Phantastik zugeordnet. Sie ist eng verwandt bzw. ein Vorgänger der Horrorliteratur. Eine unserer Missionen ist es, solche Perlen aus der Schatzkiste zu holen und sie einem breiten Publikum zugänglich zu machen. (Abgesehen davon ist das Verfassen von Schauergeschichten die heimliche Leidenschaft unseres Chefredakteurs.) Bald mehr – hier am ALPENFEUILLETON.
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Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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