Bäckerei Waldhart: Wo man mit gutem Gewissen den Gaumen verwöhnt

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Meist sind es zeitlose Sagenfiguren die uns mit ihren Geschichten und Schicksalen vor unmoralischem Handeln warnen und uns ermahnen, selbstlos und großzügig zu sein. Eine der bekanntesten Figuren der Tiroler Alpensagen ist wohl Frau Hitt, die ihr Kind in Milch badet und mit Brot wäscht, während arme Menschen an Hunger leiden. Seit Jahrtausenden ist Brot ein unentbehrliches Grundnahrungsmittel. Es zu erwerben galt lange als Luxus, heute jedoch findet man es zu niedrigen Preisen im Diskonter um die Ecke. Produziert wird im Überfluss und kleine Bäckereibetriebe werden in die Knie gezwungen.
Wer jedoch denkt, es sei eine Reise in die Vergangenheit, dem traditionellen Tiroler Bäckerhandwerk auf die Spur zu gehen, der irrt. Denn wer genau hinsieht, entdeckt noch die eine oder andere Hausbäckerei, die sich hinter den Verkaufstheken so mancher Bäckereifiliale versteckt. Es gibt sie noch, die Bäckermeister die der ausschließlich gewinnorientierten Produktion von Brot trotzen und damit auch erfolgreich sind.
Einer dieser Bäckermeister ist Sebastian Waldhart, der die Hausbäckerei Waldhart in Telfs führt. Sie ist ein Familienunternehmen, das seit 1852 und mittlerweile fünf Generationen am Telfer Obermarkt zu finden ist. Über 160 Jahre lang konnte sich der Erfahrungsschatz der Familie weiterentwickeln und von Generation zu Generation weiter gegeben werden. Hinter der Fassade des unscheinbar wirkenden Hauses verbirgt sich somit ein hochprofessioneller Bäckereibetrieb.
von außen
Beim Betreten der Bäckerei steigt mir sofort ein wohliger, süßlicher Geruch in die Nase. Hinter der Theke im Regal liegen frisch gebackene Brotlaibe verschiedenster Formen, in der Vitrine reihen sich duftende Gebäcke aneinander. Ganz rechts liegen Weihnachtskekse und Zelten—die Nachfrage ist groß an einem Montagvormittag. Mit der Bäckerei Waldhart verfügt die Marktgemeinde Telfs heute nur noch über eine einzige Hausbäckerei—und das bei knapp 15.000 Einwohnern! Neben dem Geschäft in Telfs, versorgt die Bäckerei Waldhart auch noch ihre Filialen in drei Orten im Tiroler Oberland: Rietz, Leutasch und Wildermieming. Außerdem erfreuen sich Kunden in Rietz, Silz und Stams zwei Mal pro Woche über den so genannten „Haus zu Haus Service“. Dabei fährt ein kleiner Lieferwagen, ähnlich einem Eiswagen, durch die Straßen, hupt und die Menschen können praktisch vor ihrer Haustür das frische Brot kaufen. Hier seien die Kunden vorwiegend ältere Leute sagt Sebastian Waldhart. Die Jungen wären untertags nicht zu Hause und kauften ihr Brot meist in Supermärkten nach der Arbeit. Zur Versorgung der vier Geschäfte und des „Haus zu Haus Service“ kommen auch noch die täglichen Lieferungen an die SPARmärkte von Rietz, Silz und Telfs.
In der Bäckerei am Telfer Obermarkt muss also eine große Menge an Brot gebacken werden, um den verschiedenen Aufträgen gerecht zu werden. Der Arbeitsalltag der insgesamt 14 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist deshalb straff organisiert. Lehrlinge und Gesellen die direkt am Backvorgang beteiligt sind, müssen nicht etwa—wie von Vielen vermutet—um vier Uhr Früh aufstehen. Nein. Gebacken wird die ganze Nacht lang: wenn Abends um elf Uhr die Maschinen und Backöfen anlaufen, herrscht in der Backstube ein reges Treiben, damit die Lieferanten um fünf Uhr Früh das frische Brot in die Autos einladen und verliefern können.
haus bäckerei
Eine der Besonderheiten an der Art und Weise wie im Hause Waldhart gebacken wird, ist wohl die Herstellung des Teigs. Jeden Abend um 17 Uhr beginnen der Bäckermeister und sein Vater mit dem Anrühren des Vorteigs. Denn hier darf der Teig noch auf traditionelle Art und Weise „dampfeln“. Liebevoll erklärt mir Sebastian Waldhart, dass Brot für ihn wie ein Lebewesen sei. Enzyme müssten sich entwickeln, die Hefe brauche Zeit zu arbeiten und Aromen müssten sich erst einmal entfalten können! Deshalb ist eine der wichtigsten Zutaten in der Produktion von Brot die Zeit, die der Teig bekommt um zu quellen. Wenn der Vorteig um 18:30 angerichtet ist, hat er bis elf Uhr Zeit sich zu entwickeln. Dies ist auch deshalb besonders wichtig, damit der Teig das zugegebene Wasser richtig in sich aufnehmen kann. Denn je mehr Wasser im Brot enthalten ist, desto mehr kann es auch wieder abgeben. Und je länger ein Brotlaib sein Wasser abgeben kann, desto länger bleibt er frisch! Dieser simple Zusammenhang ist der Grund für den verlockenden Geruch und hervorragenden Geschmack des Waldhart Brots. Doch nicht nur die Zubereitung des Teiges unterscheidet dieses Brot von herkömmlichem Brot. Es ist auch die Bodenständigkeit, Ehrlichkeit und der Eifer der Angestellten, der die Ideologie der Bäckerei ausmacht und für die Qualität des Brots verantwortlich ist.
Abgesehen von den Feigen und einzelnen Früchten im Zelten kommen alle Zutaten die in Backstube verwendet werden aus Österreich. Drei Mühlen, darunter Rauchmehl in Innsbruck, eine Mühle in St. Johann in Tirol und eine Mühle in Salzburg, liefern ein Mal pro Monat das nötige Mehl. Geht es um die Produktion selbst, betont Sebastian Waldhart immer wieder: „bei einem Handwerk sind Hände im Spiel“! Deshalb können Semmeln untereinander verschiedene Größen oder Formen haben. Selbstverständlich wird viel Arbeit durch moderne Maschinen erleichtert. Doch wo sich große Betriebe an Größennormen beim Gebäck halten müssen, haben kleinere Betriebe mehr Spielraum. Keine Semmel wird hier aufgrund ihrer Größe einfach weggeworfen. Und während viele Betriebe für viel Geld altes Brot in die Verbrennungsanlage nach Linz liefern, wird Altbrot in der Bäckerei Waldhart entweder in Kraftfutter für Tiere verwandelt oder in Knödelbrot weiterverarbeitet. Ein ganz bestimmter Teil, die sogenannten Restbrösel, werden wieder in Teige eingearbeitet. Sie sind der natürlichste Bestandteil des Teiges und saugen das so wichtige Wasser am besten auf. Es ist eine Vielzahl von Dingen, die das traditionelle Bäckerhandwerk so besonders macht und es von der Konkurrenz unterscheidet.
Diese bildet sich nicht etwa durch die vielen Filialen der Baguette GmbH oder des Bäcker Ruetz in Tirol. Besonders die Bäckereien von Diskontmärkten wie Hofer oder Lidl stellen eine Gefahr für kleinere Bäckereien dar. Dort könnten Kunden zehn Semmeln kaufen, die Hälfte davon wegwerfen und kauften ihr Brot immer noch billiger als beim Dorfbäcker.
Sebastian Waldhart meint, es gäbe jedoch ein Umdenken was den Erwerb von Brot betrifft. Besonders älteren Leuten liege es oft am Herzen, Brot von guter Qualität zu kaufen, das auf vertretbare Art und Weise hergestellt wird. Trotzdem hofft er, dass es für mehr Menschen von Bedeutung ist, ob ihr Brot durch künstliche Stoffe frisch gehalten wird oder dies auf natürliche Vorgänge beruht. Für Liebhaber natürlicher, lokaler Produkte sowie für neugierige Feinschmecker lohnt sich ein Besuch im Oberland auf alle Fälle.

 Die Recherche zu diesem Artikel wurde freundlicherweise von SPAR Tirol unterstützt. Die Hausbäckerei Waldhart in Telfs ist offizieller Lieferant und Partner von SPAR Tirol. Vielen Dank für die freundliche Zusammenarbeit.

 

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