Ode an die Freunde

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Besungen von den Comedian Harmonists, bejubelt von den Toten Hosen und gefeiert von Friedrich Schiller, zählen Freunde wohl zu den bedeutendsten Menschen in unserem Leben. Oft nehmen wir uns Zeit und wählen sorgfältig, wer sich in unmittelbarer Nähe zu uns bewegen darf, wem wir uns anvertrauen und an wessen Geheimnissen wir teilhaben werden. Ziehen wir in eine andere Stadt, ein anderes Land, sind Freunde vor Ort das Erste, das fehlt und das Letzte, von dem wir uns verabschieden möchten. Keine Predigt über Freundschaft für die Kindermesse nächsten Sonntag, sondern ein Lobgesang an jene so wichtigen Menschen soll hier entstehen.

Wer sind die Leute, die uns mit nur kurzem Augenkontakt mitteilen, was sie denken, die über unsere schlecht erzählten Witze lachen, die uns davor bewahren, betrunken peinliche SMS zu verschicken? Wer sind die Leute, die beim Joggen vorgeben erschöpft zu sein, damit wir uns nicht schlecht fühlen, die unseren Ex-Partnern ihre Zahnbürste zurückgeben, die uns ohne zu zögern ihren Wohnungsschlüssel anvertrauen? Und wo findet man sie eigentlich, die Menschen, die sich bedingungslos für uns freuen, zum Begräbnis unserer Großeltern kommen und uns auch einmal die schmerzhafte Wahrheit ins Gesicht sagen?

Im Kindergarten?

Kleine Kinder haben keine Vorurteile. Sie gehen auf Andere zu, spielen, singen und plaudern, ohne zu wissen, wofür sie möglicherweise den Grundstein legen: für eine lange, lange Freundschaft. Vorausgesetzt wir leben in unserer Kindheit immer am selben Ort, bleiben die Freude aus der Sandkiste eine lange Zeit unsere engsten Verbündeten. So lassen sie uns anfangs beim Räuber & Gendarm Spiel aus dem Gefängnis fliehen, verteidigen uns später am Schulhof gegen ältere Burschen oder trösten uns, wenn wir einen Fußball in die Magengrube abbekommen. Kindergartenfreunde sind unsere ersten Freunde, unsere ersten sozialen Kontakte außerhalb der Familie, wir suchen sie uns selbst aus. Deshalb sind sie besonders wichtig. Besteht die Freundschaft auch nach der Kindergartenzeit weiter, verbindet Freunde aus dem Kindergarten beinah so viel gemeinsam Erlebtes wie Geschwister.

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In der Schule?

In der Schule erleben Freunde einander bewusster und, je nach Dauer der gemeinsamen Schulzeit, intensiver. Man beginnt radikal zu selektieren. Beste Freunde und Erzfeinde wechseln oft wöchentlich, doch die gemeinsamen Erlebnisse schweißen zusammen. Notendruck und Liebeskummer, Eifersucht und Angst werden geteilt und gemeinsam ertragen. Unsere Schulfreunde lernen uns zu einer Zeit kennen, in der wir Freundschaften oft dringend benötigen. Sie erleben uns in allen unseren Stimmungen, kennen uns genau und wissen, wie wir in welchen Situationen ticken. Mit Schulfreunden hat man viel zu lachen und sowohl die Schönen, als auch die weniger schönen Erinnerungen bleiben jahrzehntelang bestehen.

Auf Reisen?

Lernt man liebevolle Menschen auf Reisen kennen, bedarf es schon an viel Bemühen beiderseits, dass eine Freundschaft entstehen kann. Man trifft aufeinander in einem außergewöhnlichen Umfeld: fern vom Alltag zuhause, lernt man Menschen oft zufällig kennen. Am Strand auf der Liege nebenan, im Club an der Bar, beim Einsteigen in die Fähre. Egal ob im Urlaub in Spanien oder während des Auslandssemesters in Frankreich: Reisebekanntschaften verlangen Offenheit und Einsatz. Oft spricht man verschiedene Sprachen, stammt aus verschiedenen Ländern und weiß möglicherweise nicht, ob oder wann ein Wiedersehen stattfinden wird. Gar keine so gute Voraussetzung für eine enge Freundschaft! Bleibt es bei einer Freundschaft 2.0? Schickt man sich gegenseitig Likes, Fotos, kurze Nachrichten oder besucht man einander tatsächlich, lernt die Menschen und ihren Alltag in ihrer Heimat kennen? Freundschaften können Herausforderungen sein, und sind vielleicht wie Sprachen: pflegt man sie nicht, gehen sie verloren.

Im Supermarkt?

Man findet Freunde nicht im Regal im Supermarkt um die Ecke. Sie stehen dort nicht aneinandergereiht und warten auf uns. Ob im Kindergarten, in der Schule, auf Reisen, in der Nachbarschaft, beim Yoga, im Kochkurs oder am Schilift: Freunde sind Schätze die man findet, die unser Leben reich machen. Manchmal verwandeln sie Einsamkeit für uns in Gemeinsamkeit, trösten uns, feiern mit uns. Grund genug, sie zu feiern und hochleben zu lassen. Und wie Friedrich Schiller in seiner Ode „An die Freude“ uns richtig erinnert, mische jeder seinen Jubel ein, dem der große Wurf gelungen, eines Freundes Freund zu sein.

 

Bilder: Pixelio - S.V. Gehren, Bettina Stolze

 

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