Herbert allein zu Hause

Über ein echtes Dilemma.
27. Juni 2025
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Natürlich würde er das schaffen. Locker. Keine Frage. Das wäre doch gelacht! 100 Stunden Einsamkeit. Alleine sein. Das ist kein Problem, sondern Entspannung. Die Alternative wäre „Mitfahren“ gewesen, mit Frau und Sohn. Zu einer dieser leidigen Familienzusammenkünfte. Mit all diesen Schwägerinnen und Schwagern, die ihn im-mer wieder und noch immer allzu gerne spüren ließen, dass er lediglich angeheiratet war, nicht dazu gehörte und die ihn nicht einmal jetzt, nach all seinen Erfolgen, für voll nahmen oder gar Respekt zollten. Eine linke Brut. Im Vergleich zu denen war sogar der Doskozil noch ein heiserer Landbauer.

Besser zu Hause bleiben. Viel besser. Kein Spott, keine Häme, kein süffisantes Ge-grinse. Herbert K. fühlte sich dabei immer so hilflos, fand niemals die richtigen Worte, verlor seine Selbstsicherheit, kam ins verbale Straucheln und spürte, wie er mit zu-nehmendem Zorn der Lächerlichkeit anheimfiel.

Wichtige Arbeiten, unaufschiebbare Termine, tiefes Seufzen samt Bedauern. Partner-bezogenes Schmierentheater. Zu seiner Enttäuschung fiel der Überredungsversuch seiner Frau Doch-noch-Mitzukommen mehr als bescheiden aus. War sie insgeheim gar froh, dass er daheim blieb? War ihr das lieber? Genierte sie sich etwa für ihn? Nicht darüber nachdenken – egal. Manchmal muss man auch bittere Pillen schlucken. Für Herbert K. bot sich so zumindest die Chance seiner Frau nonchalant zu zeigen wie effizient, zeitsparend und ohne großes Tam-Tam ein Mann die häuslichen Tätig-keiten – er weigerte sich dafür auch nur ansatzweise den Begriff „Arbeit“ zu verwen-den – quasi mit links erledigt. Gut, vorgekocht hatte sie. Auch aufgeräumt, staubge-saugt und durchgewischt.

Also: Katze füttern, Blumen gießen, Geschirr reinigen und verräumen und einmal Wä-sche waschen. 30 Minuten. Alles in allem. Die ersten drei Tage lief alles perfekt. So reibungslos, dass Herbert K. zunehmend sein letztes Pseudoverständnis für dieses permanente Geraunze und Gejammere der Hausfrauen verlor. „Unbezahlte Carear-beit!“ Reine linkslinke, feministische Emanzenpropaganda! 30 Minuten! Nicht mehr. Für das Wesentliche. OK! Noch zwei Mal die Woche einkaufen, kochen, hin und wie-der ein paar Fenster putzen. Im Schnitt ein Arbeitstag von drei Stunden. Und das war´s.

Am vorletzten Tag schnappte sich Herbert K. seine Schmutzwäsche, ging hinunter in den Wirtschaftsraum, stellte den Wäschekorb auf den Trockner und blickte mit zu-nehmender Ratlosigkeit und Verwunderung auf das Display der Wachmaschine: Kochwäsche, Buntwäsche, Pflegeleicht, Spezial, 95°, 60°, Eco, 40°, 30°, Bügelquick, Feinwäsche 30°, Handwäsche, Wolle, Sport intensiv, Gardinen, Einweichen, Spülen, Abpumpen, Schleudern, Startzeitvorwahl, Extra spülen, Vorwäsche, Extra kurz, 1400, 1200, 900, 700, Optionen. Was soll das? Verdammt! Das ist doch keine Atomrakete! Das ist eine Waschmaschine! Herbert K. schüttelte verärgert seinen Kopf. Er wollte doch lediglich seine Hemden und die Unterwäsche waschen. Das kann doch keine Hexerei sein! Wo bleibt nur diese Belakowitsch, wenn man sie einmal wirklich braucht?

Waschpulver, Weichspüler? Links, das Schubfach. Aber welche Menge? Herbert K. nahm die Waschmittelbox vom Regal und schüttete vorsichtig die beiden rechten La-den voll. Die letzte, mit dem Symbol „Wolke“, füllte er bis oben mit Weichspüler. Ma-schine voll getankt! Er stopfte seine Socken, Unterhosen, Leiberln und die Hemden in die Trommel und verschloss das Bullauge. Programmwahl. Sein ureigenstes Metier. Kurz, prägnant, vereinfacht bis zur Stupidität – aber hier reichte das nicht. Überhaupt nicht.

Koch- oder Buntwäsche? Das eine weiße Hemd hatte dezente blaue Streifen, das andere ein Muster in Grau. So richtig reinweiß war kein einziges. Mut zur Entschei-dung. Weiße Wäsche für weiße Männer! Entschlossen drehte Herbert K. den Pro-grammknopf auf Buntwäsche 60° und drückte den Startknopf. Na also. Eine Haushal-tungsschule musste er dafür nicht besuchen.

Vier Stunden später ging Herbert K. wieder in den Wirtschaftsraum, stellte die Regler der Waschmaschine auf Null, öffnete die Tür und nahm die Wäsche heraus.

Ein Wunder. Ein blaues Wunder!

All seine Hemden waren braun geworden.

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