Sound Emoticons sind Verkehrsschilder fürs Ohr. Sie sollen eine Reportage gliedern, lenken aber meist davon ab.
1.
Wir Cartoonisten kennen keine Szene auf dieser Welt, zu der wir nicht eine passende Zeichnung hätten.
Oft sind unsere Zeichnungen schon fertig, ehe die dargestellte Szene in Echtzeit überhaupt erst begonnen hat.
Man denke nur an einen Unfall, eine Rede, eine Angelobung oder eine Massenschlägerei. Wir Zeichner haben immer den passenden Strich dafür.
Ähnliches wird von den Podcastern und Radiosendungen verlangt. Eine Szene muss mit einem unverkennbaren Geräusch hinterlegt sein, die beweist, dass das Gesendete echt ist.
2.
Mache ältere Jahrgänge haben wie früher den Volksempfänger jetzt einen Radioempfänger in der Küche neben dem Eierkocher stehen. Beide Geräte (Radio und Eierkocher) sind zwangsweise auf eine Frequenz des ORF eingestellt, sodass man automatisch beim Frühstück mit staatlich gesteuerten Nachrichten bestreut wird.
Da die Redaktion keine Zeit hat, die gesendeten Beiträge mit Originaltönen zu unterlegen, werden die Nachrichten mit „Sound Emoticons“ besprüht.
Die gängigsten Hör-Ikonen sollen wie bei einem Cartoon ein Grundthema abbilden.
Die wichtigsten sind:
– Hunger
– Ruine
– Begräbnis
– Demo
– Jubel
– Hinterhalt
Diese sechs Grundgeräusche passen jeden Tag zu einer Nachricht, die aus dem Gaza-Streifen kommt.
Diese Sound-Spots haben den Vorteil, dass sich weder Redaktion noch Publikum Gedanken über den Inhalt der Nachricht machen müssen. Es genügt, die Geräusche anzuspielen und alle sind für einen Tag wieder ausreichend informiert.
3.
Diese mechanische Berichterstattung aus Gaza soll neulich Anlass für das Auftreten von Aktivisten im ORF-Studio Tirol gewesen sein.
Völlig stumm wurde eine palästinensische Fahne gehisst und eine Sammlung mit authentischen Sound-Emoticons an den Chefredakteur der regionalen Sendeeinheit übergeben.
Als das Publikum am nächsten Tag beim Eierkochen überprüfte, ob frische Töne aus Gaza dabei sind, wurde es enttäuscht.
STICHPUNKT 25|52, geschrieben am 17.06.2025
Die Geräusche waren wie immer.
Ganz feine Ohren glaubten zu hören, dass unter einer Nachricht das Klicken von Handschellen zu hören gewesen sei.
Die dumpfen Ohren, die auf das Knüppelgeräusch von Polizei spezialisiert sind, blieben unbespielt. Es war definitiv nichts mit Knüppel zu hören.
– Die Aktion im ORF-Tirol-Gebäude bleibt für alle eine Enttäuschung, denn nach wie vor werden zum Frühstück vorgefertigte Soundeinlagen gesendet, die schon lange nicht mehr echt wirken.