Es war ein Rundumschlag. Eine konzertierte Aktion. Akribisch geplant. Bis ins letzte Detail. Dabei hätte es Herbert K. mit all seiner Erfahrung frühzeitig erkennen können. Erkennen müssen. Niemals darf man seine Gegner unterschätzen. Wie konnte er sich nur derart plump übertölpeln lassen?
Bei all seinem Ärger und seiner Frustration war Herbert K. wenigstens die Gewissheit geblieben, dass weder seine direkte Entourage noch seine Anhängerschaft tatsächlich in der Lage waren, diese medienpolitische und machtstrategische Niederlage auch nur ansatzweise nachzuvollziehen oder gar zu kapieren. Das ging im Alltag mittlerweile gar so weit, dass es vielerorts in bier- und weinseliger Laune zu stolzgeschwollenen Verbrüderungen mit der sozialen Gegnerschaft kam. Dabei war das doch bisher stets seine unangefochtene Spielwiese gewesen. Sein explizites Terrarium des tagespolitischen Kleingelds. Sticheln, anpatzen, die skurrilen Einzelfälle aus den eigenen Reihen verteidigen – da braucht es nur eine Täter-Opfer-Umkehr und schon werden aus strammen rechten Jungs die armen Aktivisten die ungerechtfertigt der Verfolgung durch die Systemmedien ausgesetzt sind; ein paar rotzfreche Sager dazu, und schon gehört einem der Boulevard bis zur letzten Schlagzeile, bis hin zur Lügenpresse – wie Herbert K. diesen Ausdruck liebte! Ganz zu schweigen von den tausenden Klicks und Likes in den sozialen Medien.
Das war sein Revier. Herbert K. der Quotenkaiser. Der Herrscher der digitalen Foren.
Und nun dieses Debakel. Diese persönliche Schmach. Offensichtlich war er noch nicht wieder der alte. Der verlorene Poker um Macht und die so sehnsüchtig erhoffte und angestrebte Größe hatte ihm weit mehr zugesetzt als er sich eingestand. Er hätte es wissen müssen, hatte doch selbst immer danach gehandelt! Jedes Dünkirchen ist letztendlich der Beginn der eigenen Niederlage. Einem angeschlagenen Gegner darf man keine Ruhepause gönnen, keine Milde zugestehen, nicht zu Atem kommen lassen!
Der Überraschungsangriff kam von unerwarteter Seite. Von dort wo Herbert K. glaubte unantastbar zu sein: Vom ORF, vom Öffentlich-Rechtlichen-Rundfunk! Dancing Stars, der Eurovision Songcontest. Herbert K. blieb nur mehr der Rückzug. Hals über Kopf. Unorganisiert. Die Etappe sich selbst überlassend. Keine Zeit für verbrannte Erde, für gesprengte Brücken. Keine falschen Fährten, keine vergifteten Meldungen. Das Schweigen der Lämmer.
Es war ihm zu wenig wichtig gewesen. Lachhaft. Auch wenn er immer wieder wie nebenbei seine Abende so einteilte, dass er rechtzeitig zu Sendungsbeginn daheim war und sich mit gespielter Herablassung vor den Fernseher setzte um Dancing Stars zu schauen. Die Glawischnig, die Eva, sein Jahrgang, Okay – ein wenig hölzern – aber mit Beinen – Hallo! – und mit heißem Trikot. Mutig. Durchaus. Nicht so wie der Petzner, diese Lachnummer eines Lebensmenschen. Mit Stil. Dazu dieser Ballsaal, das glänzende Parkett, Roben, Anzüge, Glanz und Glimmer. Wie im Finale eines Sissi-Films.
Gebannt verfolgte Herbert K. das tänzerische Weiterkommen von Show zu Show, ließ sich einlullen von dieser erratischen Glückseligkeit. Bis zum Song Contest. Wieder mit diesem Andi Knoll. Wieder im ORF. Hatten wir nicht schon diese Conchita Wurst? Genügte das nicht?! Nein! Ein Halbphilippine! JJ. Queer! Der klingt wie weiland ein Kastrat. Mit Fünf Ringen an jeder Hand. Und von vergeblicher Liebe singt! Eine Katastrophe – auch wenn er Israel kritisiert.
Und dann, um diese Niederlage noch endgültig zu besiegeln, das Finale von Dancing Stars. Mit einem Ungarn, fremdländischen Tanzprofis und einem großäugigen Schwarzen, der tuntig keinen richtigen deutschen Satz hervorbringt!
Ein Kantersieg mit einem Countertenor. Zeit die Wunden zu lecken. In einem letzten Aufbäumen zappte Herbert K. angewidert weg vom ORF.
Wenn alle untreu werden, so bleibe ich doch treu.
Servus.