Auch Gruseln will gelernt sein. Rund um den November-Beginn 2024 üben wir gerade intensiv.
Da ist – als sanfter Einstieg — die alljährliche Umstellung auf Winterzeit am 27. Oktober, die Tag und Nacht durcheinanderwirbelt und uns als erstes aus der gewohnten Bahn wirft.
Die eigentliche Grusel-Saison aber setzt erst richtig ein mit dem Weltspartag am 30. Oktober, wenn nicht mehr der alte Sparefroh, sondern düsterste wirtschaftliche Prognosen schon die Kleinsten mit ihren Einhorn-Sparbüchsen an die Kassenschalter treiben, um sich dort für ein Minimum an Zukunft zu wappnen. Selbst die Bürgermeister stehen heuer in der Warteschlange, um nachzufragen, ob für die Gemeinde noch ein bisschen Restbudget oder Überziehungsrahmen da wäre?
Am 31. folgt Halloween, zu dem heuer die Untoten nicht mehr nur die Straßen und Gasthäuser, sondern inzwischen auch schon das österreichische Parlament heimsuchen. Gruselige Gestalten mit von Narben- und Falten durchfurchten Visagen schließen dort hinter verschlossenen Türen Verträge darüber ab, wen sie demnächst zu sich ins Grab holen wollen. Jack O´Lantern rächt sich dafür, dass er bisher weder im Himmel noch in der Hölle Zuflucht gefunden hat. „Süßes oder Saures?“ – die Frage wird uns nicht noch einmal gestellt. Die Zombies wollen uns ganz offensichtlich Saures geben, nachdem sie ihr Zuckerl nicht sofort gekriegt haben.
Zu Allerheiligen schließlich gedenken wir schließlich ein einziges Mal alljährlich der – ansonsten vergessenen — Legionen von Heiligen: Es ist der Equal-Pay-Day 2024, ab welchem Datum Frauen in Österreich im Durchschnitt nun bis Jahresende unbezahlt arbeiten. Wir stellen zu Allerseelen Lichtlein auf, um die armen Seelen endlich aus dem Fegefeuer zu erlösen und den Politikern und Arbeitgebern ein wenig den Weg zu leuchten. Dennoch: wie jedes Jahr stehen wir bloß verlegen rund um die Gräber und wundern uns wieder einmal, wie viel Zeit vergangen ist, ohne dass sich irgendetwas geändert hätte …
Und endlich, endlich! kommt mit dem dritten November — ein Sonntag ganz ohne Gruselfestivität. Wir atmen wir tief durch, das Schlimmste scheint überstanden. Das Wetter ist herrlich, zumindest hier bei uns, in den (abgesehen von Bergstürzen und wegelagernden Touristen) unberührten Tiroler Bergen. Wir entfliehen für einmal kurz den Nebelgespenstern und genießen einen letzten, glorreichen Tag Herbstferien, bevor der Winter über uns hereinbricht.