Muttertagsüberraschung

19. Mai 2025
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Foto von Ijaz Rafi auf Unsplash

Hat man uns nicht oft genug gewarnt: Keine Internetangebot anklicken, die zu gut sind, um wahr zu sein?

Ich bin deshalb wirklich vorsichtig, bestelle nur bei Firmen mit Absender und Kontaktadresse und Telefonnummer oder am liebsten bei solchen, deren Filialen ich auch realiter betreten kann. Da weiß ich, da kann nichts schiefgehen.

Nun zum Muttertag: Zuerst natürlich die obligaten rührenden Kindergedichte, Grill-Orgie, Blumen, und als krönender Abschluss: sich selbst beschenken und abends noch schön ausgehen. Die Idee dazu kam durch das Angebot vom TT-Club für verbilligte Karten für die Gasa Valga Dance Company im Landestheater (als Großmutter ist man selbstverständlich sowohl Mitglied beim TT Club als auch Leopold-Mitglied des Landestheaters). Zudem die Freude darüber, dass offenbar der Krieg zwischen dem Tanzchef und der Landestheaterleitung in Zeiten allgemein zunehmender Aggressionskriege in einem Waffenstillstand geendet hat. Und zuletzt die Freude beim Anklicken vom Landestheaterprogramm, dass da tatsächlich neben dem Termin „Der Fall Wagner“– E. Gaza Valga Dance Company am 11. Mai, 19h30 beim Button „Karten“ noch nicht „Ausverkauft“ steht! Ganz ungewöhnlich für eine Tanzvorstellung! – Das Ganze zu Landestheaterpreisen, also (da steuergefördert) bedeutend günstiger als beim letzten Auftritt der Limonada Dance Company im Congress, und daher erschwinglich. Zudem ist im Landestheater der Raum einfach schöner und die Bühne näher am Publikum. Ein echtes Schnäppchen! Auf der Maske vom Großen Haus erscheinen tatsächlich noch haufenweise freie Plätze im Parkett. Wahrscheinlich sind an diesem Tag die Tanzbegeisterten noch mit ihren Müttern unterwegs, denke ich. Schwein gehabt! Ich suche mir also meine gewohnte 16. Reihe im Parkett aus, markiere Sitz 1 direkt am Mittelgang. Da stört keine Hochfrisur den freien Blick. Bestellen mit Sofortzahlung.

Innerhalb kürzester Zeit kommt die Bestätigung. Ich schaue kurz drüber: Ja, „Der Fall Wagner“, Parkett Reihe 16, Platz 1. Drucke das Ticket aus und lege es in einem schönen Kuvert mit Mascherl als Muttertagsgeschenk an mich selber beiseite.

Am 11. Mai verabschiede ich mich um 18h von der Familie, ziehe mich um und nehme das Kuvert zur Hand. Schaue auf den Kartenausdruck. „Haus der Musik, Großer Saal“ steht da ganz oben. Holla? Nicht im Großen Saal? Vielleicht umdisponiert? Ich schaue noch einmal schnell im Internet nach: Da steht nichts von Haus der Musik. Da steht 19h30, Großes Haus. Und dann der ultimative Schreck: Auf meinem Ticket ist als Uhrzeit 16h angegeben! Offenbar ein Computerfehler! Jetzt panisch rufe ich die Kassa vom Landestheater an. Werde freundlich weiterverbunden. Ja, es gebe da 2 Vorstellungen an diesem Tag. Eine um 16h, die zweite um 19h30. Für die Abendvorstellung wären noch Plätze zu haben, aber leider kein Umtausch möglich. Ich müsste eine neue Karte kaufen und dann direkt bei Gasa Valga meine Beschwerde über den unklaren Bestellvorgang im Internet vorbringen.

Nein, danke. Ich bleibe zuhause und ärgere mich dort. Mit den Künstlern vor der Vorstellung über ein Ticket zu streiten, würde bloß die auch noch verärgern, und die sollen ja gut tanzen und sich nicht mit solchen Dingen herumschlagen müssen. Und auch mir würde ein durch Streit erbetteltes Ticket die Vorstellung versauen.

Überhaupt: An einem Tag zwei Tanzvorstellungen hintereinander! Das ist doch unmenschlich! Auf die Idee, dass es außer um 19h30 noch eine Nachmittagsvorstellung geben könnte, wäre ich nie gekommen! Davon war in den Ankündigungen auch nirgends zu lesen, in der Zeitung noch bei der Kartenbestellung im Internet. Ich prüfe es wieder und wieder nach. Nein. Da steht nichts. Erst auf dem Mailausdruck — nach Bestellung und Bezahlung. Das hätte ich sehen und gleich reklamieren müssen. So betrachte ich das hinausgeworfene Geld nun wohl am besten als Spende an die Tanzkompanie.

Auf der abendlichen Terrasse, mit Blick auf durch die Lüfte tanzende Vögel, stelle ich, mit bereits Aperol-milderem Blick, Milchmädchenrechnungen an: Wäre mir die Karte umgetauscht worden, hätten die Leute dort auf der Bühne um 31,20 Euro zwei Mal für mich getanzt, abzüglich Saalmiete, Beleuchtung, etc. So käme, überschlagsmäßig gerechnet, eine Gage von vielleicht einem Euro pro Tänzer heraus! Das ist ja noch weniger, als du als Schriftstellerin pro verkauftem Buch einnimmst! Vor Steuern, wohlgemerkt! Und unsereins macht sich wenigstens nicht in stundenlangem täglichem Training den Körper kaputt, muss sich nicht teuer privat versichern, kann den Beruf auch im hohen Alter noch ausüben, und es besteht sogar die winzige Hoffnung, dass ein einmal veröffentlichtes Buch auch nach Jahren – dann anstrengungslos — noch Tantiemen einbringen könnte!  Ich nehme mir vor, bei der nächsten Tanzveranstaltung vielleicht doch Vollpreis zu zahlen.

Muttertags-Fazit 1: Vertraue im Internet, auch bei altbekannten Bezugsquellen niemals der Vorankündigung, sondern überprüfe wirklich jedes Detail auf dem Bestätigungsausdruck noch einmal, bevor du diesen in ein Geschenkkuvert einpackst.

Muttertags-Fazit 2: Beschenke dich selbst nicht mit Schnäppchen.

Muttertags-Fazit 3: Sei froh, dass du Schriftstellerin und nicht Tänzerin geworden bist!

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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