Im Liegen für den Mars trainieren!

28. Jänner 2025
1 Minute Lesezeit
(c) Helmuth Schönauer

Innsbruck ist immer gut für Nischenforschung.

Die meisten Studierenden kommen wegen des Schifahrens nach Innsbruck. Aber das kommt daheim oft nicht gut an, wenn man bloß Pisten-Selfies anzubieten hat.

Deshalb studieren manche etwas, wofür zu Hause der Numerus clausus nicht gereicht hat. Beim Medizinstudium gelten in Deutschland die Abschlüsse aus Tirol mittlerweile als akademisches B-Movie, wiewohl die Qualität des Studiums 1 a ist.

Die dritte Gruppe schließlich will in Innsbruck einfach etwas Verrücktes ausprobieren.

An diese Entdecker-Gruppe ist die Einladung gerichtet, einen wissenschaftlichen Schlafversuch für eine Marslandung durchzuführen.
Dabei soll die Blutzirkulation für mindestens 48 Stunden heruntergefahren werden, um einen Zustand der Schwerelosigkeit zu simulieren.

Die Probanden liegen also zwei Tage lang auf dem Bauch auf einer Mars-Liege und dürfen sich nicht aufrichten. 

Auch während der diversen Ausscheidungsaktionen dürfen sie nie in die Senkrechte, was trotz gefühlter Schwerelosigkeit sehr bedrückend ist. 

Die Probanden sind verkabelt, sodass sie ruhig einmal ein Nickerchen im Liegen machen können, ohne den Versuch zu gefährden.

Die aufgezeichneten Daten sollen helfen, den Körperzustand bei Marsexpeditionen irgendwie vorauszuahnen.

Wie immer macht das Experiment vor allem der Leitung Freude, während die liegenden Versuchspersonen sich wie ausgestopfte Dummys fühlen.

Kritiker stellen die Frage, warum man nicht auf die Ergebnisse bei Beamten-Experimenten zurückgreift. Immerhin müssen angehende Beamte ein ausführliches Schlaftraining absolvieren. 
Und auch später im Dienst erledigen sie vom Snack bis zur Ausscheidung alles liegend, wie wir seit Franz Kafkas Roman „Das Schloss“ wissen, worin ein Beamter sogar im Liegen den Parteienverkehr abwickelt.

Der Grund, warum man auf Studierende ausgewichen ist, soll wieder einmal am Geld liegen. Angehende Bachelors stehen beinahe zum Nulltarif zur Verfügung, während echte Beamte sich niemand mehr leisten kann.

„Sie müssen bedenken, der Beamte kassiert sogar im Schlaf. Er würde auf eine Mars-Zulage pochen. Beides wäre unbezahlbar.“

STICHPUNKT 25|08, geschrieben am 22.01.2025

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.

Foto von Kasia Derenda auf Unsplash
Vorheriger Artikel

Warnung vor Giftködern

Foto von Daniil Zameshaev auf Unsplash
Nächster Artikel

Morgengrauen

Latest from Gesellschaft

Die Innsbrucker Drogenszene

Hat Innsbruck ein Drogenproblem und wenn ja, worin besteht es? Um diese Frage soll es im ersten Artikel dieser Reihe gehen, wobei ich mir

Glättungen

Das Un-Wort des Jahres 2025 wurde wahrscheinlich bereits jetzt, im Jänner, geboren.