Falsch interpretiert

17. Juni 2025
1 Minute Lesezeit
(c) Helmuth Schönauer

Ständig flutschen Zahlen und Ereignisse unkoordiniert durchs Netz und verlangen nach einer notdürftigen Einordnung. 
Oft werden dabei angelegte Screenshots falsch interpretiert und grundlos weiter gepostet.

1.
Verrutscht
Bei einer Aufnahme der „Drei Tenöre“ ist offensichtlich das Mikro verrutscht und hat Töne aus den Unterteilen der singenden Kolosse aufgenommen.
Eine KI, welche die Aufnahme automatisch katalogisiert und ins Netz gestellt hat, gibt als Künstler an: „Die drei Hämorrhoiden“. 
Das Publikum klickt wie wild, ohne etwas von Tenören oder Hämorrhoiden zu verstehen.

2.
Erzwungene Musik
Musiker in Mexiko sind häufig das Ziel von Bedrohungen durch kriminelle Banden, die sie auch Lieder zu Ehren ihrer Bandenchefs schreiben und spielen lassen, sogenannte Narcocorridos.
In Tirol hingegen werden Trachtenmusiker unter Androhung von Subventionsentzug zu landesüblichen Empfängen gezwungen, wo sie zu Ehren der Bandenchefs „Zu Mantua in Banden“ singen müssen.

3.
Gletscherwasser
Gletscherbetreiber rechnen aus, dass man mit der noch vorhandenen Eismasse mindestens zwanzig Millionen Schifahrende permanent glücklich machen kann. Begründet wird diese Aussage durch eine KI-Anfrage, die für relevant gehalten wird. „Es gibt keine pauschale Antwort auf die Frage, wie viele Skifahrer auf einem Gletscher Platz haben, da jedes Gebiet individuell ist.“
Die Grünen kontern dieser unwissenschaftlichen Behauptung mit einer wissenschaftlich gesicherten Zahl, wonach die Tiroler Trinkwasserkapazitäten ausreichen, zwei Millionen Trinkende zu versorgen. Also fordern sie freien Zuzug von Asylwerbern, weil genug Wasser für alle da ist.  

4.
Lyrische Lieferkette
Ein pensionierter Bibliothekar überprüft das Lieferkettengesetz anhand der Literaturgeschichte und stößt auf Friedrich Hölderlin, der vom Schreinermeister Ernst Zimmer in Tübingen in einem Turm eingesperrt gehalten wurde. Dabei kam es zum Verfassen von kindlich wirkenden Gedichten, weshalb man diese Lyrik als Kinderarbeit nach dem Lieferkettengesetz einstufen kann.

5.
MAGA
Lange haben Akademikerinnen um den Titel Magistra gekämpft, auf Briefpapier und an Eingangstüren der öffentlichen Büros hängen überall die abgekürzten Titel Maga mit dem hochgestellten A hinten.
Mittlerweile werden sie höhnisch angeflegelt, ob sie Trumpistinnen seien. Denn Maga heißt mittlerweile
Make Amerika Great Again.

STICHPUNKT 25|50, geschrieben am 10/06/25

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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