Als die USA 2021 aus Afghanistan abzogen, gaben sie dem Land seine Selbstständigkeit zurück. Eine Freiheit für die Menschen dort, würde man meinen. Stattdessen eine Freiheit für die Taliban, männlich.
Auch ausländische Journalisten und Journalistinnen zogen nach und nach ab, mit ihrer Berichterstattung verschwand auch das Interesse an dem Land und an der Situation der Menschen, die zurückblieben.
Die Taliban schlossen Schulen für Mädchen mit dem Versprechen, sie wieder aufzusperren. Sie schlossen Türen und Tore für Frauen, Hijab und Burka sind da noch das kleinste Übel – nichts weiter als eine Möglichkeit oder Notwendigkeit, die eigenen vier Wände nach draußen zu verlängern.
Die Situation der Frauen dort wird häufig als ein Symbol für die Rückwärtsgewandtheit der Taliban-Politik gewertet. Eine Häme für den Einsatz der Aktivistinnen und Frauenrechtlerinnen, die sich bereits erfolgreich für einen Ausbau der Bildungs- und Berufsmöglichkeiten für Frauen eingesetzt hatten.
Derweil in Österreich: Debatten über das Gendern und ob man es nicht abschaffen sollte. Im Vergleich zur Situation der Frauen in anderen Ländern scheint die Debatte Luxus zu sein. Wir alle kennen die Studien zum Thema geschlechtergerechte Sprache (oder sollten zumindest schon von ihnen gehört haben).
Da wäre die Tatsache, dass bei der Frage nach berühmten Musikern und Autoren vor allem Männer genannt wurden. Wurden die Berufe gegendert, fielen den Befragten auch Frauen ein. Dasselbe gilt auch für andere Berufszweige, die in der Vergangenheit vor allem von Männern ausgeübt wurden.
Gendern hat in einem nächsten Schritt auch eine Auswirkung auf die Berufswahl. Welches Kind gibt denn schon an, mal Feuerwehrmann werden zu wollen, wenn ihm klar ist, dass es einmal „Frau“ und nicht „Mann“ sein wird? (Auch dazu gibt es Studien)
Gendern ist wie eine Burka, die über Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit von Frauen entscheidet. Sprache liefert einen wichtigen Beitrag zur Gleichberechtigung und steht so für die Fortschrittlichkeit unserer Kultur und nicht etwa für den Luxus von westlichen Frauen. Schließt man nun auch noch andere Geschlechter mit ein, dann gilt dieser Beitrag für alle Geschlechter.
Als logische Schlussfolgerung steht das Abschaffen dieser Art sprachlicher Inklusion für eine Rückwärtsgewandtheit betroffener Länder. Eine Häme für den Einsatz der Aktivistinnen und Frauenrechtlerinnen, die sich bereits erfolgreich für das Einbeziehen aller Geschlechter in die Sprache und damit in die Bilder in unseren Köpfen, die Sprache schafft, eingesetzt haben.
Sprache ist Macht. Man stelle sich Männer vor, die im Glauben aufgewachsen sind, diese Macht auf ihrer Seite zu haben. Männer, die dann feststellen, dass die Gesellschaft, in der Sie leben, Ihnen diese alleinige Macht nicht zugestehen will. Die Mädchen und Frauen nicht hinter Mauern und Stoff versteckt, sondern, im Gegenteil, nach vorne ans Rednerinnenpult stellt, ihnen eine Meinung und Handlungsfreiheit zugestehen. Wie reagieren diese Männer auf starke Frauen? Auf Frauen, die selbst entscheiden, was sie mit wem machen wollen oder nicht?
Es gibt die, die sich damit abfinden. Die, die durch bodenlose Argumente versuchen, die Macht bei sich zu behalten. Und es gibt die, die vor illegalen Mitteln und Methoden nicht zurückschrecken, für die Macht zum Fetisch wird und Befriedigung nur dann eintreten kann, wenn Frau macht- und wehrlos unter ihnen liegt.
Sprache allein kann weder Männer noch Frauen von kriminellem Verhalten abhalten. Aber sie kann dazu beitragen, dieses Verhalten als solches zu enttarnen. Sie kann Gerechtigkeit herstellen, die es dort nicht geben kann, wo man einen Teil der Gesellschaft aus der Sprache tilgt.
Was die Ereignisse der letzten Jahre, Monate und Tage uns zeigen sollten: Wir sind ein fortschrittliches Land, das viel erreicht hat. Wenn wir nach vorne blicken, wollen wir eine Debatte über Gendern ja oder nein sehen? Wollen wir wirklich Probleme für bereits gefundene Lösungen suchen und damit Rückschritte zulassen? Oder wollen wir uns mit dem Erarbeiten von Lösungen für aktuelle und zukünftige Probleme beschäftigen?