Die bunten Taschen und Rucksäcke mit den neuesten angesagten Logos sind gepackt und mit wahlweise angesagten Einhörnern, Meerjungfrauen oder grimmig dreinschauenden und anzuschauenden Labubu-Monstern bestückt, und los geht´s ins neue Schuljahr!
Jetzt soll ja alles anders werden. Oder zumindest im nächsten Jahr. Oder im übernächsten. Was haben wir nicht jahrzehntelang gewartet, was alles anders werden soll! Doch nun ist es hoch und heilig versprochen:
Die Integrationsaufgaben der Schule werden endlich nicht mehr nur von den Klassenlehrern, sondern auch vom Ministerium ernst(er) genommen. Ich erinnere an ein Gespräch von Lehrerkolleginnen, welche vor Jahren einen Schulversuch zur besseren Integration von Migrant:innen in Wien vorstellen wollten: Der Ministerialrat beschied: „Wofür brauchen die eine Matura? Die sollen arbeiten gehen.“
Aber jetzt wird sogar in Wien neu gedacht: Die Sommerschule, sprich Wiederholungs- und Vorbereitungsphase, soll im nächsten Herbst verpflichtend und auf zwei Wochen verlängert kommen, damit benachteiligte Kinder auch wirklich einen guten Start hinlegen können. Gut wäre es wohl auch noch, die Zeit nach Notenschluss verpflichtend zu machen, damit nicht wie bisher, nur weil Flüge billiger sind als zu Ferienzeiten, die Eltern mit ihren Kindern schon ab Ende Juni mittels pro-forma-Krankmeldung ins Ausland fliegen, anstatt sie an den letzten gemeinsamen Aktivitäten mit den Klassenkamerad:innen teilnehmen zu lassen. Und die Warnung der Wissenschaft, dass Segregation zum Zweck des Spracherwerbs nicht die beste Methode sei, wird zumindest insofern endlich gehört, dass die Schulen autonom, je nach Fall und Kapazitäten, über die je nach Fall-Lage bestmögliche Methode zur Integration Nicht-muttersprachlicher Kinder selbständig entscheiden können sollten. Überhaupt: Die Schulautonomie! Wie wäre das schön, hier ein paar Freiräume zu schaffen! Obertilliach ist nicht Wien, und die Bedürfnisse ändern sich zudem mit jedem neuen Jahr. Die Pädagogen vor Ort sind hier die Fachleute, nicht die Legisten in Wien. Schließlich schreibt der Gesundheitsminister dem Arzt auch nicht die Behandlungsmethode am einzelnen Patienten vor.
Auch bei der Matura werden nun weiterhin die Leistungen des letzten Schuljahres in die Prüfungsnote mit einbezogen, sodass das Schlusszeugnis über eine lange schulische Laufbahn nicht mehr ausschließlich Auskunft über Nervosität oder Abgebrühtheit gibt — Corona sei Dank!
Selbständiges Denken wird angesichts der rasanten Entwicklungen der KI hoffentlich bald auch wieder zur Kernaufgabe von Schule werden Was uns der NEOS-Bildungsminister noch nicht versprochen hat, aber sicher kommen wird, ist das Ende stupider Prüfungsformate, welche mehr über das spezifische Training auf das Format, über Rateglück und Sprachgewandtheit der Prüflinge aussagen als über ihr tatsächliches Verständnis einer Materie. Und irgendwann werden der gute alte, individuell formulierte, originäre und kreative Aufsatz und das Prüfungsgespräch zu neuen Ehren kommen – KI und Chat-GPT sei Dank! Das völlig danebengegangene Konzept der „Vorwissenschaftlichen Arbeit“ wird jedenfalls dank KI endgültig fallen und einer gescheiteren Vorbereitung auf wissenschaftliches Denken und Arbeiten Platz machen.
Worauf wir allerdings noch länger werden warten müssen: Integrierte Ganztagsschulen, welche den Kindern zugleich Sportverein und Musikschule, Theatergruppe und Hausaufgabenhilfe bieten. Ebenso wird es noch lange dauern, bis die Schulgebäude aus früheren Jahrhunderten, in denen man nicht stundenlang in schlechter Luft auf einem Sessel kleben bleiben muss wie das Zuchtschwein auf seinem halben Quadratmeter, einem schönen Campus weichen werden .
Denn das alles kostet! Vergleiche besagen sowieso, unser Schulsystem sei zu teuer. Aber warum bloß? Die Direktor:innen arbeiten 24/7 zu einem nicht gerade berauschenden Pauschallohn ohne Überstundenzuschläge, auch in den Ferien. Die Lehrergehälter sind nicht überzogen für die komplexe Ausbildung und die vielfältigen pädagogischen, therapeutischen und administrativen Tätigkeiten, die täglich anfallen. Hilfspersonal gibt es ja kaum (Wir hatten lange für mehrere hundert Schüler:innen und 50 Lehrende eine einzige Sekretärin — und zeitweise nicht einmal die. Das wäre bei einem Wirtschaftsbetrieb dieser Größe undenkbar, oder?) Und die Jahres-Stundenarbeitszeit der Lehrer:innen unterscheidet sich, trotz Ferien und ewigen Neiddebatten, übers Jahr gerechnet nicht von der anderer Berufsgruppen.
Also wo einsparen, um das Ersparte sinnvoller ausgeben zu können? Da gäbe es höchstens ein paar Landes- und Bezirksschulräte, deren Aufgaben man ruhig abspecken könnte und deren Weiterleitung der sowieso zu vielen sinnlosen Rundschreiben des Ministeriums, die sie dann noch mit ihrem eigenen Senf und eigenen Verordnungen aufplustern, oft bloß zur Rechtfertigung der eigenen Existenz. Aber vielleicht habe ich auch nur nie gesehen, wie viel dort auch Sinnvolles getan wurde …? Bitte, lieber Herr Staatssekretär Schellhorn, schauen Sie auch einmal nach, wo das Geld im Bürokratie-Dschungel des Schulsystems versickert!
Kurzum: Es ist noch viel zu lernen und zu tun, um die Prüfungen am Ende positiv zu bestehen. Wünschen wir also allen, auch der Politik, einen guten Start ins neue Schuljahr!