Global 2000 Wiesenrock – ein Festival fürn Arsch?

9 Minuten Lesedauer

Was denkt die Wiesenrockerin erster Stunde?

von Stefanie Aigner
(Ideen und wertvolle Inputs von Lisa Reifer)
Als das Wiesenrock Festival vor acht Jahren das erste Mal stattfand, war es noch ein kleines Fest auf der Spielwiese hinter der Volksschule in Wattens. Als wir damals dort waren, hätte niemand von uns gedacht, dass das Festival mit den Jahren so wachsen würde. Heute ist Wiesenrock ein Pflichttermin im Sommer und lockte dieses Jahr knapp 2000 Besucher in den Hauptschulhof der kleinen Gemeinde. Auch mich. Und so kam ich Samstagnachmittag voller Vorfreude in Wattens an.
Vor dem eigentlichen Festivalgelände befand sich eine kostenlos zugängliche „Spielwiese“. Hier fand man neben gemütlichen Sitzgelegenheiten auch kulinarische Schmankerln von verschiedensten Kulturen, hergestellt mit regionalen Produkten, und handgemachte Liebhaberstücke bei Marktständen. Außerdem gab es interaktive Informationsstände rund um den Klimaschutz. Dieser stand im Zusammenspiel mit Musik, Kultur und Kunst – im Vordergrund. Das Wiesenrock Festival heißt seit heuer übrigens offiziell Global 2000 Wiesenrock Festival und ist eines der ersten „Green Events“ Tirols. Ein spezielles Konzept zur Nachhaltigkeit soll die Umwelt schonen und die Besucher aufklären. All das in einem angenehmen und lockeren Rahmen.

Dieser glückliche Besucher war in diesem Jahr die #1. Unsere Autorin war beim allerersten Wiesenrock mit dabei.
Dieser glückliche Besucher war in diesem Jahr die #1. Unsere Autorin war beim allerersten Wiesenrock mit dabei.

Ich spazierte über die Spielwiese und war sofort überwältigt von der Liebe zum Detail, die man überall sah und spürte. Lichterketten und Girlanden in den Bäumen, die selbstgemachte Dekoration, Seifenblasen zur freien Entnahme, ein Schachbrett –  gebastelt aus Plastikflaschen. Man merkte sofort, dass die Veranstalter mit dem Herzen dabei sind. Kinder spielten, Erwachsene lachten, die Stimmung war sehr fröhlich, familiär und ausgelassen. Ich suchte mir mit meinen Freunden einen Platz auf ein paar herumliegenden Sitzsäcken und genoss den Nachmittag bei einem sauren Spritzer.
Als dann die erste Band zu spielen begann, machten wir uns auf den Weg auf das Festivalgelände. Bekanntlich haben es Eröffnungsbands auf Konzerten immer recht schwer. Doch „DoeBlueEyes“ legten einen bluesigen, guten Start hin. Auch die darauffolgenden Bands „Blue Portuguese“ und „Schafe & Wölfe“, brachten das Publikum schnell in Festivalstimmung. Ich beobachtete die teils barfuß tanzenden und springenden Menschen vor der Bühne und fühlte mich plötzlich wie bei Woodstock. So ausgelassen und fröhlich –  ein herrliches Miteinander.
Mein persönliches Highlight war die schwedische Band „The Majority Says“, mit Frontfrau Hanna Antonsson, die wieder einmal deutlich  machte, dass der hohe Norden Ahnung von Musik hat. Und so kam auch ich in Tanzlaune, schloss die Augen und ließ mich von der Musik tragen. Die Sonne ging unter und Regen kündigte sich an. Als die fünf Wiener von „Wanda“ auf die Bühne traten, goss es bereits wie aus Eimern, was die Menge aber nicht groß störte. Das schlechte Wetter wurde einfach weggetanzt. Da mir die (leicht) arrogante Art und der Wiener Schmäh der Band leider nicht so liegt, entschied ich mich stattdessen dazu vor dem Regen zu flüchten, eine Essenspause einzulegen und ein veganes Falaffelsandwich zu probieren. Die Zutaten konnte ich mir selbst aussuchen, was ich immer sehr schätze und nach der kurzen Stärkung  fieberte ich schon dem Headliner entgegen – Friska Viljor.
Erneut eine schwedische Band und wieder ein Line-up Treffer der Veranstalter. Euphorischer Indie-Pop mit melodischen Klängen und Sing-Mit-Texten ließ das Publikum inklusive mir ausflippen. Umrahmt wurde das ganze Musikprogramm von einer beeindruckenden Lichtershow. Verschiedenste Animationen rund um das Festivalthema und sogar eine Liveübertragung der Bands, waren an der Wand der Hauptschule zu sehen. Schließlich war ich dann ziemlich müde und am Ende meiner Kräfte – man wird halt auch nicht jünger – aber auch sehr glücklich und zufrieden. Zur After-Show Party habe ich es leider nicht mehr geschafft, vielleicht nächstes Jahr. Achja. Apropos nächstes Jahr. Als ein Besucher sah, dass ich fotografierte, sprach er mich an. Er präsentierte mir ganz stolz seine Eintrittskarten und erzählte mir, dass er die ersten drei Karten ergattern konnte und dass er sich so darüber freut, da das Festival am Ende ja sogar ausverkauft war. Wer nächstes Jahr also plant das Wiesenrock Festival zu besuchen, sollte schnell sein!

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Das Festival in Bildern

von Stefanie Aigner
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Die Wahrheit über das Festival

von Felix Kozubek
Ich war zum ersten Mal dort. Zum ersten Mal Wiesenrock in Wattens. Im Vorfeld wurde ich bearbeitet, gebrieft, vorbereitet und beeinflusst. „Wiesenrock ist nur etwas für Hipster.“ „Vergiss es. Das ist eine Provinzveranstaltung. Nur Selbstdarsteller. Sehen und Gesehen werden. Kaum gute Acts. Bleib besser daheim.“ „Ach. Die haben immer einen gehypten Act und ein paar Schülerbands.“ „Das mit dem grünen Öko-Zeugs ist ja nur ein Marketing-Gag(g).“ Wiesenrock ist das Beste das Tirol in Sachen Festival zu bieten hat.“ „Das Wiesenrock ist einfach genial. Ich habe noch nie ein so liebevoll gestaltetes Festival gesehen.“ „Die übernehmen dort Verantwortung. Das macht sonst niemand. Am Wiesenrock sollten sich alle mal ein Beispiel nehmen.“ „Was die in Wattens machen, bekommen die Innsbrucker nie hin.“ Von „voll fürn  Arsch“, bis „das Beste das es gibt“ – war also alles mit dabei. Die Meinungen über das Wiesenrock – mittlerweile Global 2000 Wiesenrock – waren vielfältig. Irgendwie passend.
Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte. Aber eines ist so sicher, wie die Tatsache, dass auch im nächsten Jahr das Wiesenrock wieder ausverkauft sein wird – das Festival ist vielfältig und so weit weg von einem Festzeltklischee, wie Wanda von Bescheidenheit. Die Stimmung – entspannt. Die Menschen – freundlich. Die Veranstalter – bemüht. Die Organisation – strukturiert. Das Essen – besonders (und) frisch. Das Angebot – vielfältig. Die Details – liebevoll. Die Acts – angesagt. Die Botschaft – wichtig. Ja. Das Wiesenrock ist ein Festival. Und bei einem Festival soll man in erster Linie Spaß haben. Gute Musik genießen. Mit seinen Freunden beim ein oder anderen kühlen Getränk anstoßen. Die Seele baumeln lassen. Auch wenn im Vorfeld zu vermuten war, dass der neue grüne Stempel (Green Event Tirol Star) lediglich ein Marketing-Streich war und zur Image-Aufbesserung dienen soll, so widerlegte sich diese These beim Besuch selbst.
Nein. Die Musik war wegen all dem „Green“ nicht besser. Die Biere nicht kühler. Die Menschen nicht glücklicher. Aber die Botschaft – denk bewusster, handle bewusster, schau auf dich und deine Umwelt – hat dem Festival gut getan. Die oft so plakativ und nervig gepredigte Moral-Botschaft war charmant verpackt, nicht im Vordergrund, aber präsent und spürbar. Und bleiben wir bei der Wahrheit – wer wünscht sich bei einem Festival nicht ein paar fesche Bien(ch)en. Dass die in diesem Fall wirklich schwarz-gelb gekleidet und in wichtiger Mission unterwegs waren – ist reine Nebensache.

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