Muhammad erzählt I

11 Minuten Lesedauer

Die Firma für die ich arbeitete, gehört einem Verwandten des Präsidenten. Die Mitarbeiter sollten deshalb für das Assadregime sein. Ich wollte mich jedoch damit nicht identifizieren. Schließlich kann ein Arbeitgeber nicht die Gefühle und Gedanken seiner Angestellten steuern. Wenn ich gesagt hätte was ich dachte, wäre ich gefeuert worden, oder schlimmer. Mein Vorgesetzter war ein guter Mensch. Als das Regime die Stadt Darʿā umzingelt hatte, bat er die Firma, den Menschen das Kaufen von Essen, oder zumindest das Beschaffen von Milch für Babys zu erlauben. Daraufhin wurde er entführt und ins Gefängnis gebracht. Ich selbst hatte mich mit einer anderen Sache in Schwierigkeiten gebracht. Ich hatte auf Facebook regimefeindliche Dinge verbreitet. Als meine Firma davon erfuhr, wurde ich von Polizei, dem Manager und dem CEO befragt und gezwungen, meine Facebookeinträge zu ändern und Positives über das Regime zu schreiben. Meine Freunde waren daraufhin natürlich sehr verwirrt.

Bald darauf bekam ich Anrufe von der Polizei. Zuerst fragten sie mich, wie es mir gehe, wie mein Tag wäre und fragten auch, ob ich sie denn besuchen möge. Sie wussten alles über mich. Eines Tages sagten sie: „Du hast eine Tochter und willst sie groß ziehen? Dann pass auf was du tust“. Ich habe natürlich gewusst was diese Anrufe zu bedeuten hatten und ich glaube ich hatte in gewisser Weise sogar Glück, diese Anrufe bekommen zu haben, denn nur so wusste ich, wie ernst die Situation wirklich war.

Ich wollte dieses Leben in Angst und Überwachung nicht. Mein Masterstudium war mir unglaublich wichtig und es war immer noch meine Priorität, es abschließen. Die Zeit die dann folgte, war sehr, sehr gefährlich für mich. Einmal, ich hatte die ganze Nacht gearbeitet und ging erst um sechs Uhr früh zu Bett, brach die Polizei meine Tür auf und ich wachte mit einem Gewehr an meiner Schläfe auf. Zum Glück hatte ich noch meinen Firmenausweis bei mir. Dieser hat mir sehr geholfen, da ja die Firma quasi dem Präsidenten gehörte.

Schließlich sah ich ein, dass ich Syrien verlassen musste und begann mich auf eine Flucht vorzubereiten. Ich studierte die verschiedenen Möglichkeiten, denn wenn du in ein anderes Land gehst, musst du vorher seine Gesetze kennen. Auf legale WeiseSyrien auf Karte in arabischen Ländern Zuflucht zu bekommen, ist fast unmöglich und so war Europa bald die einzige Option für mich. Ich wusste, dass in Europa Frieden herrscht und dass ich mir dort vielleicht eine Zukunft aufbauen könnte. Da ich bald sowieso schon alles verloren hatte, entschied ich zu gehen. Ich verglich die rechtliche Situation der Länder die in Frage kamen und auch jener die ich durchqueren müsste, rechnete aus wie viel Geld ich bräuchte und fand heraus wie ich Schlepper treffen würde. Es hatte sich schon herumgesprochen, dass Flüchtlinge in Italien dazu gezwungen würden um Asyl anzusuchen und durch meine Recherchen über das Dublin Abkommen wusste ich, dass es dann aus Italien keinen Ausweg gäbe. Ich habe sogar eine Geschichte gehört nach der Flüchtlinge mit Hämmern gezwungen würden, ihren Fingerabdruck zu geben. Von Bulgarien erzählt man sich ähnliche Geschichten. Der einzige in Frage kommende Weg für mich, war also über die Türkei nach Griechenland zu kommen. Mazedonien und Serbien sind nicht Teil der EU also dachte ich, es wäre weniger gefährlich es dort zu versuchen…

Im zweiten Teil von „Muhammad erzählt“ geht es um Muhammads Flucht nach Österreich.

 Bildquellen:
„Olive groves in Syria“ von High Contrast - Eigenes Werk. Lizenziert unter CC BY 3.0 de über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Olive_groves_in_Syria.jpg#mediaviewer/File:Olive_groves_in_Syria.jpg
„Lady zaynab mosque“ von Original uploader was Argooya at en.wikipedia - Originally from en.wikipedia; description page is/was here.. Lizenziert unter Gemeinfrei über Wikimedia Commons - http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Lady_zaynab_mosque.jpg#mediaviewer/File:Lady_zaynab_mosque.jpg
„https://www.google.at/maps“

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.