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Zukunft: Verloren im Bürokratischen Irrgarten

Verwandelt Bürokratie von heute unser Morgen in einen kafkaesken Albtraum?
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Würde Kafka sich im Grab umdrehen, wenn er sähe, wie weit wir mit unserer Bürokratie gekommen sind? Oder würde er sich freuen, dass sein Name für ein nicht aus der Mode kommen wollendes Konzept steht? Fortschritte, so viel ist klar, lassen sich mit dem vorherrschenden Verwaltungsstaat nicht machen.

Im Gegenteil, die Bürokratie untergräbt den Fortschritt, wo sie nur kann, lauert den Steuerzahler:innen auf und „sackelt“ sie aus, wie ein geübter Taschendieb, der sich partout nicht hinter Gitter bringen lässt. Längst nicht nur in Österreich: Die deutschen Nachbarn stecken in unserer schnelllebigen Zeit Geld in ihr Heer, damit dieses – sollte sich auf bürokratischer Ebene nichts ändern – in fünf Jahren die Technik von heute hat.

Bewilligungen von Bauwerken zur Unterstützung nachhaltiger Energiegewinnung hängen nicht nur bei unseren Nachbarn, sondern auch hier, in der ewigen bürokratischen Endlosschleife fest, weil manche hohe Beamte nicht willig sind, ihre Unterschrift auf ein Papier zu setzen, auf dem ihr Ego nicht verewigt ist oder der niedrigere Beamte juridische Konsequenzen befürchten muss, sollte er eine eigene Meinung entwickeln. Man möchte ja auch anderen – zu guter Letzt noch privaten Bauherren – nicht zutrauen, dass sie für die Zukunft bauen wollen.

Kafkaesk ist jedoch nicht nur, was an den Beamtenschreibtischen passiert – oder nicht passiert. Im Laufe der Jahre haben unsere Staaten in ihren amtlichen Glashäusern einen Irrgarten an Regelungen und Gesetzen herangezüchtet, die selbst findige Mitarbeiter:innen daran hindern, die am Eingang entgegengenommenen Anträge ohne Umwege an ihr Ziel zu bringen.

Während nun also schon Bagger und Kräne in den Startlöchern stehen, Bauarbeiter:innen die Ärmel hochkrempeln und Betriebe die Scheine in der Bank abholen, die für ihr Bauvorhaben notwendig sind, treiben die vielen Umwege Auflagen ohne Ende ein und damit die Kosten für Planung und Bau in die Höhe.

Planung – ein gutes Stichwort. Wer heute plant, aber erst in zehn Jahren mit dem Ergebnis rechnen kann, muss Hellseher:in sein, um zu wissen, welche wissenschaftlichen und technischen Fortschritte es bis dahin geben wird. Wer will schon für ein Heidengeld ein Wasserwerk, einen Wind- oder Solarpark bauen, das nur die Hälfte von dem bringt, was es bringen könnten?

Zu guter Letzt verschlingt der bürokratische Irrgarten nicht nur Zeit und Geld, sondern auch Fachkräfte. Um unser kafkaeskes System am Leben zu erhalten, ist einiges an Personal notwendig. Denn wer schreibt Gutachten zur Umsiedlung von Fröschen, wenn nicht ein ausgebildeter Froschexperte? Wer siedelt Ameisen (deren Haufen auf einer Baggerschaufel Platz hätte) um, wenn nicht ein ausgebildeter Ameisenheger? Und wer gibt das alles in Auftrag? Unsere liebe verschachtelte Bürokratie mit ihren Regulierungen, die sich zum Ziel gesetzt haben, nichts dem Zufall oder dem Hausverstand zu überlassen.

Muss man sich als Steuerzahler:in etwa auf chinesische Verhältnisse vorbereiten? Will man den Leuten jegliche Fähigkeit selbstständigen Denkens absprechen, um diese Fähigkeiten in einem nächsten Schritt auszumerzen?

Nur gut, dass es jenseits des Atlantiks nun für unsere „Braindrainer:innen“ politisch unattraktiver wird. Ob Europa dann allerdings an Attraktivität gewinnt oder ob diesen Wettkampf andere gewinnen, steht in den Sternen.

Vielen privaten Betrieben ist Klimaschutz längst ein Anliegen, und sie planen mit nachhaltigsten Absichten. Trotzdem scheitern sie an Umweltauflagen und finden sich früher oder später im bürokratischen Irrgarten wieder. Nachhaltige Investitionen verlieren damit ihre Attraktivität oder gar, wenn sie astronomische Höhen erreichen, ihre Geldgeber, die ihre Pläne lieber in den Wind schreiben, als Konkurs anzumelden.

Auch im öffentlichen Bereich gibt es diese Betriebe, die sich auf Kosten der Steuerzahler selbst verschlingen. Was im privaten Sektor irgendwann auffällt, wird hier durch Einsparungen an Stellen kaschiert, die den Steuerzahlenden und Mitarbeitenden ganz unten in der Hierarchiepyramide am meisten weh tun: Da, wo die „Exekutive“ der Betriebe sitzt und sich damit abrackert, Papierstapel nach den Regelungen von oben abzuarbeiten. Die Spitze der Pyramide, die im öffentlichen Sektor nicht selten einem Zylinder mit aufgesetztem Kegel gleicht, wäre ja auch schön blöd, würde sie bei sich selbst sparen. Oder in den unmittelbar unter sich liegenden Stockwerken. „We are all in this together“ möchte man den Refrain des Highschool Musical Schlagers den Entscheidungsträger:innen ins Gesicht schreien. Wir irren alle gemeinsam durch die Gegenwart, in der Hoffnung, hinter der nächsten Ecke den Ausgang in eine gute Zukunft zu finden. Ob sie auch daran denken, wenn sie wieder über ein Zukunftsprojekt abstimmen, statt sich von parteipolitischen Interessen leiten zu lassen? Oder ob sie sich erst recht wieder in die Schöpfer Kafkaesker Albträume verwandeln?

Geboren 1992 in Südtirol, Studium der Germanistik und Spanisch in Wien, lebt in Innsbruck. Jahrelange Tätigkeit als Texterin im Print- und Online-Marketing, schreibt Essays, Gedichte, Kurzgeschichten.

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