Schluss mit der Angst!

Immersive Shows sind keine Bedrohung.

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Einmal in der Woche läuft die Sendung kulturMontag auf ORF 2. Vorgestern ging es unter anderem um – von der Redaktion als solche bezeichnete – immersive Kulturshows.

Diese „Shows“ erfreuen sich momentan großer Beliebtheit und finden (als Wanderausstellungen) überall auf dem Planeten statt. Meist nach demselben Prinzip. Große Lagerhalle. Viele Beamer. Bekannte Künstler von Weltrang – wie Frida Kahlo, Claude Monet, Paul Klee, Gustav Klimt oder Vincent van Gogh. Großflächige Projektionen oder Installationen, die die Besucher in die Köpfe, Biografien oder Werke der Künstler eintauchen lassen. Eintrittspreise rund 24 Euro.

So weit so gut.

Nun kann man sich freuen, dass eine neue Form der Kunstvermittlung existiert, die sich wirtschaftlich trägt und Besucher anzieht. Die es vielleicht sogar schafft Menschen mit Kunst und Kultur in Berührung zu bringen, die Namen wie Kahlo, Klimt oder van Gogh zuletzt zu Schulzeiten gehört haben.

Was macht der ORF? Einen pseudo-kritischen Beitrag, der eingangs der Frage aufwirft: ist das Kunst oder Kommerz? Zu Wort kommen ein Betreiber einer solchen „Show“, die Chefin der Albertina Modern und eine Künstlerin.

Selbstverständlich wird den immersiven Ausstellungen, vom etablierten Kunstbetrieb, jeglicher Anspruch abgesprochen. „Ausstellung und Ausstellung ist nicht gleich Ausstellung.“ Oder so ähnlich.

Das sei „keine Kunst, sondern der Versuch Geld zu generieren“. Im etwas gezwungen formulierten und holprig daherkommenden Redebeitrag wird dann noch das Wort „Spektakel“ verwendet; negativ intoniert und konnotiert. Eh klar.

Kurzzeitig wird von den Machern der Sendung dann noch darüber philosophiert, ob diese „immersiven Shows“ nicht klimaschädlich seien. Des vielen Stroms wegen. Der Betreiber lächelt etwas müde in die Kamera und fragt sinngemäß, ob Museen, denn ohne Strom auskämen. Stichwort Kühlung usw.

Die Kärntner Künstlerin, die sich darüber hinaus zum Thema äußern darf, sieht das naturgemäß anders, immerhin werden bei den „Spektakeln“ (negativ gemeint) Unmengen an „Material, Daten und Strom verpulvert“. Das Ganze erscheint ihr jedenfalls als „nicht so schlau“. Ein echtes Kunstwerk habe „eine andere Aura“.

Gegen Ende des Beitrags wird es dann humorvoll. Die eben noch kritische Direktorin der Albterina Modern findet AR und VR plötzlich sehr spannend, vor allem als Werkzeug der Kulturvermittlung und findet, man müsse sich als „Museumsmenschen“ damit beschäftigen. Immerhin gehe es darum, „aus der Gegenwart, die Vergangenheit mit neuen Mitteln zu animieren, zu beleben“ und sie so den Menschen näher zu bringen. Kurz gesagt, eine Art immersive, multimediale Kunstausstellung…

Ich habe großen Respekt vor Ängsten, kritischem Journalismus und Themen wie Umweltschutz oder Ressourcenreduktion. Aber diesen Beitrag zu sehen, verursachte bei mir nichts anderes als seelische und körperliche Schmerzen.

Kein Wunder, dass sich etablierte Einrichtungen immer schwerer tun, Menschen hinter die Mauern zu holen, wenn selbst die eigenen Modern-Ableger neuen Vermittlungsformen jegliche Daseinsberechtigung absprechen und die Kommerzkeule schwingen.

Bitte dreht den Spieß um. Nieder mit den Mauern! Seht einander als Bereicherung, nicht als Konkurrenz. Selbst wenn die Dame das nicht glauben mag – der eine oder die andere, die bei einem „Spektakel“ auf Klimt, Kahlo oder Klee trifft, wird bestimmt auch das Originalwerk sehen wollen.

Die Wahrheit ist einfach und schmerzhaft zugleich. Es braucht beides. Bewahrende, akademische Institutionen und neue, zeitgeistige, mutige Formate.

Der Witz zum Schluss; Geld kosten beide. Eintritt oder Steuergeld.


PS: Im Beitrag wurden auch der 85-jährige Künstler David Hockney und das Van Gogh Museum in Amsterdam erwähnt. Beide nutzen neue, multimediale und digitale Formen. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass jeder für sich selbst entscheiden muss, ob er „die Shows“ gut findet oder nicht. Die VIVA Frida Kahlo Immersive Experience in Wien (läuft aktuell) wurde beworben.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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