(c) matheus camara da silva_unsplash
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Demokratie nur, wenn’s Ergebnis passt

Über Angriffe auf die Demokratie.

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Nach dem Desaster vom 6. Januar 2021, als Anhänger des abgewählten US-Präsidenten Donald Trump das Kapitol in Washington stürmten, gab es schon erste Befürchtungen, dass dies weiteren Wahlverlierern zukünftig als Inspiration dienen könnte. Nun, fast auf den Tag genau zwei Jahre später, ereignete sich in Brasilien ein weiterer Angriff auf die Demokratie. Was auffällt: Es war erneut das konservativ-rechte Lager, welches die Niederlage nicht anerkennen wollte und deswegen zu solch drastischen Mitteln griff.

Eine kurze Rekapitulation: Am 8. Januar dieses Jahres haben tausende Anhänger des abgewählten, rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro das Parlamentsgebäude sowie den Präsidentenpalast in der brasilianischen Hauptstadt Brasilia gestürmt und verwüstet. Es dauerte Stunden, bis die Polizei die Situation deeskalieren und unter Kontrolle bringen konnte, bis dahin wurden allerdings schon materielle Schäden in Millionenhöhe angerichtet. Ganz zu schweigen von jenen Schäden, die solche Aktionen der Demokratie und Gesellschaft des Landes zufügen.

Dass sich die brasilianische Polizei an diesem Tag so überfordert zeigte, insbesondere mit dem Hintergrund, dass für den 8. Januar ohnehin Demonstrationen der Bolsonaro-Anhänger angekündigt wurden, kann natürlich an der immensen Anzahl an Angreifern liegen. Andererseits aber auch an der Tatsache, dass Brasilias Gouverneur auf den Namen Ibaneis Rocha hört, der zufälligerweise ein enger Verbündeter des Ex-Präsidenten ist – und nach den Krawallen vom obersten Richter von seinem Amt suspendiert wurde.

Der Sturm war anders als bei jenem auf das Kapitol in Washington jedoch keine Überraschung, denn Bolsonaro akzeptierte seine knappe Niederlage gegen den linken Neo-Präsidenten Lula da Silva wenn überhaupt nur indirekt, setzte sich nach Florida ab und stichelte von dort aus weiter gegen seinen Kontrahenten. Zudem gab es schon vor dem Sturm Demonstrationen und Straßenblockaden, denen tausende Menschen beiwohnten. Im Dezember des letzten Jahres forderten Anhänger Bolsonaros gar eine Intervention des Militärs, um den Amtseintritt Lulas zu verhindern, der sich in einer Stichwahl mit 50, 9 Prozent durchgesetzt hat und nun vor der fast unlösbaren Aufgabe steht, ein tief gespaltenes Land zu vereinen.

Dass Lula da Silva definitiv kein Heiliger ist und selbst genug Dreck am Stecken hat, steht außer Frage. Aber Wahlen sind nun einmal die Grundlage einer jeden Demokratie und gibt es tatsächlich keinerlei Anhaltspunkte für eine mögliche Manipulation, so ist das Ergebnis in jedem Fall zu akzeptieren – ob einem der Sieger passt, oder nicht. Und natürlich ist Brasilien, ein Land, das seit Jahren nicht wirklich zur Ruhe kommt und bis 1985 noch von einer Militärdiktatur regiert wurde, nur schwer mit europäischen Ländern zu vergleichen, aber in Italien oder Schweden wurden die Wahlsiege der konservativ-rechten Kandidaten widerstandlos anerkannt. Und auch bei dem Wahlsieg des Konservativen Guillermo Lasso in Ecuador im Jahr 2021 gab es weder Ausschreitungen, noch laute Rufe nach einer möglichen Manipulation.

Dass die Situation in Brasilien weiterhin angespannt bleiben wird, ist fast unumgänglich. Denn wenn Menschen so weit sind, sich eine Militärdiktatur anstelle einer Demokratie zu wünschen, insbesondere in Anbetracht dessen, wie sehr solch eine dem Land in den 80er-Jahren geschadet hat und mit dem Hintergrund, dass im Nachbarland Venezuela mit Nicolas Maduro ein Autokrat sein Land gerade ins wirtschaftliche Chaos führt, dann ist es für einen Präsidenten alleine wohl nicht möglich, eine Nation wieder zu einen. Und so liegt es nun auch an den Unterstützer Bolsonaros, unter ihnen das Militär sowie zahlreiche Unternehmer und Berühmtheiten mit Einfluss, sich zur Demokratie zu bekennen und nicht mit politischen Machtkämpfen die Bewältigung jenes Problems zu verhindern, das Brasilien tatsächlich am meisten schadet: Die hohe im Land vorherrschende Armut, der rund 30 Prozent der Menschen in Brasilien ausgeliefert sind.

2000er-Jahrgang. Student. Schreibt gelegentlich Bücher und Texte. Mag alles was mit Sport zu tun hat. CR7 > Messi.

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