(c) Helmuth Schönauer

Alpenbutter

3 Minuten Lesedauer

In loser Folge stellt das Alpenfeuilleton Ereignisse, Schicksale oder Gegenstände vor, die das Zauberwort „Alpen“ genetisch in sich tragen.

Bei den einheimischen Lebensmittel-Verschleißern liegt die Butter im Butterregal, das wie eine Ampel auf Farben setzt.
Die Butter-Ampel lautet: Grün – Blau – Rot.

Manchmal werden Kinder aus dem benachbarten Kindergarten in ihren Gelben Gehsteig-Jacken kurz durch das Kühlregal geführt, um später im Leben mit den wichtigsten Produkten eines Kühlregals vertraut zu sein.

Mit einem kleinen Liedchen singen sie dann von der Butter, die uns vor allem Farbe und Frohsinn für den Tag schenkt.

Die grüne Butter ist meist die Irische, die man aber meiden soll, weil Irland sehr katholisch ist und auf der Insel ununterbrochen Kühe und Kinder von der Kirche geschändet werden.

Die blaue Butter ist gut. Die könnt ihr nehmen! Das ist die Alpenbutter pur, die manchmal von Milch aus Tirol hergestellt wird, wenn auch die Molkerei schon längst nach Oberösterreich  verkauft worden ist. 

Die Oberösterreicher sind vor allem am Markennamen Alpenbutter interessiert, weniger an der Milch.
Deshalb merkst du bei dieser Butter auch weniger das Buttrige, als vielmehr die Marke.

Und beim Abnehmen hilft dir nur die Marke, nicht das Fett der Butter.
Wenn du also gesund und patriotisch Butter aufs Brot streichen willst, nimm die Blaue, auch wenn sie eine Oberösterreichische Marke ist.

Wer eine Butter will, die deshalb nach Alpen schmeckt, weil sie nicht in den Alpen gemacht worden ist, der soll die Rote nehmen. Unter der Marke Almbua liegt die Bayrische Butter an der tiefsten Stelle im Regal. Wer diese Butter wirklich in die Hand nehmen, und nicht bloß mit den Klima-Augen abtasten will, muss sich ganz schön bücken.

Kinder halten das Wort Almbua übrigens für eine spezielle Art des Darmwindes, weil Almbua wie Alm-Puh klingt.

Aufgeschlossene Butterkonsum-Personen, deren es ab und zu welche in Tirol gibt, stören sich bei Almbua übrigens am fehlenden Gendern. Auf die Schnelle fällt niemandem ein, wie man Almbua auf LGPTQ-isch ausspricht.

Vermutlich schmeckt die Butter auch geschlechtsneutral, weil sie in Cham hergestellt wird.
Das ist ein aufregend flacher Ort im Bayrischen Wald, an dem sich die Leute an den Händen fassen und singen, weil sie den Wald überlebt haben. – Andersrum, sie haben den Wald überlebt, weil der Voralpen-Taifun den Wald gerade niedergelegt und ihm den Zahn der Furcht gezogen hat.

Auf der Packung stehen schöne Sätze wie: „Durch das besonders schonende Herstellungsverfahren behält sie den vollen und intensiven Geschmack nach frischer Milch und ist perfekt für den täglichen Gebrauch in der Küche geeignet.“

Dieser Satz wurde freilich auf die Packung gedruckt, ehe er Taifun durch den Wald gerauscht ist wie Butter. 

STICHPUNKT 23|79, geschrieben am 26.09. 2023

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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