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Fristen-Lösungen

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Nein, nicht vom 50-Jahr-Jubiläum der Straffreiheit von Abtreibung in den ersten Schwangerschaftsmonaten in Österreich soll hier die Rede sein.

Auch nicht davon, dass – typisch österreichischer Kompromiss – der Strafparagraf auch nach 50 Jahren noch nicht ausrangiert, sondern nur irgendwie stillgelegt wurde. Vielleicht möchte ja eines Tages jemand auf die Idee kommen, wie derzeit in den USA, Abtreibung neuerlich mit drastischen Strafen zu belegen, notfalls halt für die Ärzte und Ärztinnen, falls das bei den Frauen nicht geht. Etliche konservativ regierte US- Bundesstaaten haben in dieser Legislaturperiode Abtreibung wieder unter Strafe gestellt – und zwar bereits ab der 6. Schwangerschaftswoche! Da sollten Frauen, die kein Kind wollen, am besten schon vor jedem Geschlechtsverkehr einen Termin bei der nächstgelegenen (d.h. Hunderte Kilometer entfernten) Klinik vereinbaren!  Naja, echte Männer, solche mit Schlangenlederstiefeln, Stetson und stets schussbereiter Flinte, legen nun mal Wert darauf, ihren Samen nicht verkommen zu lassen.

Aber diese Art Fristenlösung ist diesmal ja nicht gemeint. Konservative Männer nutzen Fristen nicht nur, um den Fortbestand ihrer Gene unter allen Umständen abzusichern, sondern auch zu ihrem politischen Vorteil, indem sie selbstgesetzte Fristen überschreiten. Wenn sich etwas einfach nicht mehr ausgeht, kann man eben nichts machen und braucht keine politische Verantwortung — weder fürs Handeln noch fürs Nicht-Handeln — zu übernehmen. Man kann so jahrelang regieren, ohne etwas Wesentliches in die Gänge bringen zu müssen. Man kann von seinen schönen Plänen und guten Absichten so lange reden, bis alle Fristen verstrichen sind.

Da werden zum Beispiel in Österreich (und nicht nur hier!) Gesetze, Untersuchungsausschüsse oder die Bestellung wichtigster Posten von einer Regierungspartei, die angeblich alles Notwendige – bis auf ein paar Kleinigkeiten! – so gut wie fertig ausverhandelt habe und alles demnächst „zügig“ zu beschließen verspricht, über Monate und Jahre verzögert, bis es sich – leider, leider! — nicht mehr ausgeht, weil die vorgeschriebenen Begutachtungsfristen nicht mehr eingehalten werden können, weil die nächste Wahl ansteht, weil man der nächsten Regierung nicht vorgreifen will.

Solcherart dienen „Fristen-Lösungen“ in der Politik dazu, dass die allerwichtigsten Projekte nie das Licht der Welt erblicken. Die Zukunftsgestaltung wird laufend scham- und straflos abgetrieben. Da gibt´s keinen Paragrafen, der das verhindern könnte.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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