Du fragst mich, was Glaube ist #8

29. April 2016
1 Minute Lesezeit

Euer Herz lasse sich nicht verwirren.[1]

Fest steht (weiterhin), dass es auf die Glaubensfrage(n) nicht eine und schon gar keine einfache Antwort gibt; gerade in einer Zeit, die nach schnellen und nach allen Seiten hin offenen, leicht zu relativierenden Lösungen verlangt.
So wird häufig auch „Wissen“ mit „Meinen“ verwechselt, und sich ein zu enger Begriff von „Vernunft“ gemacht, der alles das ausschließt, das nicht erklärt und anschaulich gemacht werden kann; insbesondere der Glaube: „Wenn ich nicht die Male der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in die Male der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.“[2]
Nur was folgt daraus? Wohl die irrige Überzeugung, dass alles Unerkannte (Unentdeckte) nicht existiert, anstelle der Einsicht, dass wir mit unseren Möglichkeiten der Erkenntnis hinter den Möglichkeiten des allumfassenden Seins zurückbleiben!
Für einen gläubigen Menschen hört sich das so an: „Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.“[3]
Aber wie antwortet man auf die Fragen der „reinen Vernunft“, welche nur anerkennt, was bewiesen oder zumindest mit höchster Wahrscheinlichkeit wahr ist?
Ich möchte es mit meinem Lieblingszitat des französischen Naturwissenschaftlers und Religionsphilosophen Blaise Pascal versuchen, der einst schrieb: „Es gibt eine Vernunft des Herzens, die der Verstand nicht erkennt. Man erfährt es bei tausend Dingen.“[4]
Was ist damit gemeint? Letztlich nur, dass wir mit unseren Herzen sehen können, was unseren Augen und anderen Sinnen verborgen bleibt: So glauben wir etwa an die Liebe, die letztlich keine fest Gestalt hat, oder an die Kraft eines Gedanken, der das Antlitz der Welt verändern kann, usw.
In diesem Sinne ist der Glaube auch keine Sache der Vernunft, was aber nicht bedeutet, dass zu glauben, prinzipiell unvernünftig wäre. Der Glaube ist nämlich eine andere Art der Vernunft; einer Vernunft des Herzens, die in unzähligen Fällen besser und richtiger entschieden hat, als die Vernunft des „klaren Verstandes“; denn wie heißt es so schön: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“[5]
Martin Kolozs, 23. April 2016
Die neunte Folge erscheint zur Monatsmitte Mai 2016


[1] Joh 14,1
[2] Ebd. 20,25
[3] Ebd. 20,29
[4] Vgl. Gedanken über die Religion und einige andere Gegenstände (dt. 1710)
[5] Vgl .Antoine de Saint-Exupéry, Der kleine Prinz

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