Du fragst mich, was Glaube ist #5

6 Minuten Lesedauer

Fürchtet euch nicht! [1]

Es gibt viele, unterschiedliche Aspekte, die den Glauben ausmachen, und einige habe ich bereits in den vorangegangenen Folgen beschrieben; über den Mut und seine verschiedenen Erscheinungsformen möchte ich nun eingehender meditieren.


 Der Mut im Bekenntnis


In der Weihnachtserzählung über die Geburt Jesu können wir nachlesen, wie der Engel des Herrn zu einer Gruppe Hirten kam und sagte: „Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr.“[2]
Wir können die Reaktion der Hirten, die einfache Menschen waren, aus dem Text direkt heraus erahnen: Sie müssen sich zu Tode geängstigt haben, als mitten in der Nacht eine überlebensgroße Lichtgestalt vor sie hintrat und im Namen Gottes mit ihnen sprach.
Und wir können uns auch ihre Überraschung vorstellen, und die tiefe Verunsicherung, die manche von ihnen vielleicht ergriffen und sogar in die Flucht geschlagen hat.
Die anderen jedoch, die geblieben waren, hatten die Botschaft, die der Engel des Herrn an sie gerichtet hatte, verstanden, und alles verändert sich für sie.
Denn „Fürchtet euch nicht!“, hatte der Himmelbote zu ihnen gesagt, und: „Ich verkünde euch eine große Freude!“
Nur darum geht es in dieser Geschichte, um Mut und Freude.
Also seid mutig, dem Herrn, unseren Gott, zu begegnen, und freut euch, denn Er empfängt und liebt euch, so wie ihr seid; Er nimmt euch an, wenn ihr nur ihn annehmen wollt. Immer und immer wieder.


 Der Mut im Verständnis


Eine andere Geschichte über das Leben Jesu ist ebenfalls allseits bekannt und eröffnet uns einen weiteren Aspekt des Mutes: Der Gang Jesu auf dem Wasser; hierüber können wir lesen: „Das Boot war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind. In der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen; er ging auf dem See. Als ihn die Jünger über den See kommen sahen, erschraken sie, weil sie meinten, es sei ein Gespenst und sie schrien vor Angst. Doch Jesus kam mit ihnen zu reden und sagte: Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“[3]
Wiederum können wir uns die Situation lebhaft vorstellen, und den Schock, den die Zwölf erlitten haben müssen, als sie des Nachts, bei Sturm und Wetter eine unklare Gestalt über das Wasser wandeln sahen, was damals wie heute nur schwer zu glauben war.
Erst Simon Petrus konnte ausreichend viel Mut fassen und sprach die Erscheinung an: „Herr, wenn du es bist, so befiehl, dass ich auf dem Wasser zu dir komme.“[4]
Und Jesus rief ihn sofort zu sich. Aber der Apostel versank bereits nach einigen zaghaften Schritten in den Fluten und musste gerettet werden: „Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?“[5]
Auch wir sollten uns diese und andere Fragen manchmal stellen: Warum zweifeln wir daran, dass Gott uns ruft und nicht nur am Ende des Weges auf uns warten wird, sondern uns bei jedem Schritt begleitet und hilft? Warum fehlt uns das Verständnis des Herzens, sobald unser Verstand blind für Liebe unseres Erlösers und seine Wunder ist? Warum sind wir nicht mutig genug, den Heiligen Geist in uns wirken zu lassen und gegen die Meinung anderer offen zu bekennen: „Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn“[6]?


 Der Mut in der Bedrängnis


Für den Heiligen Papst Johannes Paul II., der sowohl die Herrschaft und das Wüten der Nationalsozialisten, als auch des Sowjetregimes in Polen miterlebt hatte, war diese „Fürchtet euch nicht!“ mehr als nur eine Durchhalteparole, die er seinen Landsleuten im Jahr 1979 zurief. Der Gruß des Herrn war für ihn Ausdruck seiner Gewissheit für uns alle: „Der Herr ist mein Licht und Heil, wen sollte ich fürchten!“[7]
Dieses Vertrauen in die Gegenwart Gottes schenkt uns Mut: den Mut, ja zu Ihm und seiner Frohbotschaft zu sagen; den Mut, sich allen Herausforderungen des Glaubens und der Religion zu stellen; den Mut, sich klar zu deklarieren, ohne den Respekt vor anderen zu verlieren; den Mut, Christus nachzufolgen und mit Blick auf dieses hohe Ziel nicht jene zu übersehen, die uns auf dem Weg dorthin begegnen.
Dazu habt alle Mut, vereint in unserem Glauben, der uns nichts fürchten lässt.
Martin Kolozs, 13. März 2016
Die sechste Folge erscheint zum Monatswechsel März/April 2016
 


[1] Lk 2,10; Mt 14,27; Hl. Johannes Paul II., Ansprache (Polenreise 1979)
[2] Vgl. Lk 2,8-11
[3] Mt 14,24-27
[4] Ebd. 14,28
[5] Ebd. 14,31
[6] Ebd. 14,33
[7] Psalm 26 (A)

Titelbild: (c) Simon220771, flickr.com

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