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Weltspartag

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Früher, ganz früher, sparte man hoffnungsvoll auf etwas hin.

Die Bank war der Ort, wo man für Verzicht mit einer besseren Zukunft belohnt wurde. Als Kind bekam man am Weltspartag einen „Sparefroh“ und eine rote, blaue oder grüne Metallkasse, deren Schlüssel von den Eltern verwahrt wurde. Und dann warf man fröhlich ab und zu eine Münze ein und malte sich aus, dass man eines Tages, wie Dagobert Duck, im angehäuften Kleinmetall baden würde, und die ganze Welt würde einem gehören.

Jetzt, seit das Sparbuch nichts mehr abwirft, sparen wir bestenfalls noch zornerfüllt /ängstlich bei Benzin, Strom, Schuheinkauf. Der lustige „Sparefroh“ für die Kleinen ist ausgestorben. Wir sparen verbissen Energie, um morgen noch ein Licht zu sehen. Wir versuchen, möglichst wenig Welt zu verbrauchen, damit unseren Kindern wenigstens ein bisschen davon übrigbleibt — während Konzerne und Machthaber weiterhin unbeschwert unsere Lebensgrundlagen in die Luft pusten.

In Zeiten der Inflation streichen Großaktionäre Gewinne ein, um diese, gut versteckt, auf Überseekonten zu bunkern. Doch für den kleinen Mann und die winzige Frau macht Sparen überhaupt keinen Sinn mehr. Im Gegenteil, flüstern uns die Kapitaleigner aus allen Richtungen zu: Sparen ist schnöder Verzicht! Gebt mit vollen Händen aus! Verausgabt euch! So werdet ihr endlich froh! Vergesst eure Zukunft, ihr habt sowieso keine.

Und derweil sammeln diese letzten verbliebenen Sparefrohs hinter unserem Rücken die Münzen ein und legen sich damit tonnenweise in Steueroasen Dagobert´sche Privatbäder an — während wir Kleinen am Welt-Spar-Tag die letzten Reste unserer Welt zusammenkratzen, um auch diese noch bei den Banken abzugeben.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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