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Wir für … Gemeinde-Zukunft?

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Soeben werden allüberall die Listen für die kommenden Gemeinderatswahlen erstellt. Die schon etwas in die Jahre gekommenen Werbekapazunder der ÖVP haben dabei wieder einmal verbal voll zugeschlagen. Kaum ein Ort, in dem sich deren Liste nicht „Für…“ oder gar „Gemeinsam für…“ oder „Wir für…“ nennt. Natürlich wäre es auch sauschlecht, wenn ein Bürgermeister oder ein Gemeinderat gegen die eigene Gemeinde arbeiten würde. Zudem muss sowieso jeder seinen Amtseid leisten, auch wenn das mit dem Schwören in unseren gottlosen Zeiten ja nicht mehr so eng gesehen wird. Und natürlich ist für die alteingesessenen Schwarzen (nicht Türkisen! Bewahre! Schwarze chatten nicht, die unterhalten sich bloß) das Wohl der Allgemeinheit immer mit dem Wohl der eigenen Klientel verknüpft gewesen. Deshalb finden sich in den schwarzen Reihen auch immer noch viele Listenbezeichnungen wie „Unser… “ plus Ortsname. Das ist wenigstens ehrlich. Tirol gehört immer noch der ÖVP.

Nun treten aber angeblich diesmal vielerorts nagelneue MFG-Listen an, und zwar mit dem hochtrabenden Programm der Rettung unserer Grundrechte. Sie führen als einzige sogar die „Menschen“ im Slogan, was aber noch lange nicht heißt, dass alle Menschen für sie gleich wichtig wären. Sollten allerdings sogar die Grundrechte der hier geborenen Passbesitzer mit echtem Tiroler Namen gefährdet sein, könnten sie auf Gemeindeebene dennoch von der MFG nicht gerettet werden. Das ist implizit schon ein ehrliches Eingeständnis zukünftigen Scheiterns. Denn eigentlich wollen sie ja sowieso nur den vielfältigen Frust der Stimmbürger in Zahlen ausdrücken, nach den Wahlen werden sie kein bisschen anders agieren als der Rest.

Allseits beliebt ist in den Namen anderer Oppositionslisten das Wort „Zukunft“. Es bildet einfach die simpelste Antithese zur monochrom schwarzen Vergangenheit. Alles soll anders werden, auch wenn sich die Programme dann frappant ähneln. Ist aber eh egal, weil der Gestaltungsspielraum im ÖVP-Landl unter ÖVP-Bauernbund und ÖVP-Wirtschaftskammer und allem anderen ÖVP-… sowieso verschwindend gering ist.

Deshalb nennen sich frühere SPÖ- und Grünen-Listen jetzt auch lieber „parteifrei“ und „offen“. Und die FPÖ versteckt sich hinter unschuldigen Namenslisten. Man spürt, dass die Leute in den letzten Jahren von Parteien aller Couleur die Nase vollgekriegt haben. Nur blöderweise haben auch die Programme der „Unabhängigen“ nichts wirklich anderes anzubieten als die der althergebrachten Parteien. Man weiß bei ihnen nur nicht mehr so genau, wer dahintersteckt und wer Geld bereitstellt und im Gegenzug ein gewisses Entgegenkommen erwartet.

Also lassen wir die immergleichen hübsch klingenden Namen und die fade sich ähnelnden Programme beiseite, wählen wir (wie die Mehrzahl der Stimmbürger) diejenigen, welche uns am retuschierten Foto die schöneren Augen machen, oder freuen wir uns unschuldig über ein paar einfallsreichere Listennamen wie „Ehrwald Eins“ oder „Jenbach isch schiach“ oder „Red ma über Landeck“. Kreative Namensgebung ist vielleicht eh schon das überzeugendste Programm, denn Einfallsreichtum werden die Gemeinden brauchen für die Zukunft.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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