The power of being nice

Oder eine Geschichte vom nett sein.

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Photo by Vladislav Klapin on Unsplash
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Nach der Geburt unserer Tochter lag ich eines Nachts neben ihr im Bett und habe mir Gedanken darüber gemacht, wie hilflos sie eigentlich ist und dass sie sich nur durch weinen ausdrücken kann. Natürlich ist ein Neugeborenes oft sehr fordernd, aber es ist viel einfacher ruhig zu bleiben, wenn man zum dritten mal in der Nacht aus dem Schlaf gerissen wird, wenn man sich vor Augen führt, wer da schreit und warum.

Ich liege also im Bett und denke mir, dass ich nicht nur wenn es um mein Baby geht so denke, also mir vor Augen führe in welcher Situation mein Gegenüber ist, sondern das eigentlich sowohl im privaten wie auch beruflichen Alltag immer mache. Ich lag noch einige Zeit wach und notierte mir ein paar Ideen während meine Tochter auf meiner Brust schlief. Das war der Startschuss für „the power of being nice“, denn ich denke nett zu sein hat eine unglaubliche Kraft und wenn man versucht im Leben nett zu sein, kann man nicht nur viel erreichen sondern auch viel bewirken.

Fangen wir aber ganz am Anfang an. Wer kennt sie nicht die Sprüche: „Nett ist der kleine Bruder von Scheiße“ oder „Nett ist ein Christbaum auch“. Wann wurde nett sein eigentlich etwas negatives und was ist denn eigentlich nett sein? Muss ich immer alles lächelnd über mich ergehen lassen, andere Meinungen einfach akzeptieren, nie mal etwas gegen eine Entscheidung haben? Nett sein wird automatisch mit Schwäche verbunden. Wenn man in den gängigen Suchmaschinen nach „Warum wird nett sein als Schwäche gesehen“ sucht, erhält man einige interessante Ergebnisse, wie zum Beispiel von einer Karriere Website „Nett sein? Warum es gut ist, mal nicht nett zu sein.“ Dort wird von stillschweigend hinnehmen gesprochen und zu einer gesunden Ellbogenfreiheit geraten.

Hier liegt für mich schon gleich am Anfang der Fehler, nett sein hat für mich nichts damit zu tun alles stillschweigend hinzunehmen. Nein ganz im Gegenteil, ich kann sehr wohl eine Diskussion führen und meinen Standpunkt klar machen, nur immer mit dem Hintergrund respektvoll und höflich zu bleiben und auch die Meinung und Werte des Gegenübers gelten zu lassen und mit ein zu beziehen.

Es stimmt auch nicht, dass man wenn man nett is kein Rückgrat hat und nicht für seine Meinungen und Überzeugungen eintreten kann. Wie gesagt es geht immer um das Wie und man kann natürlich auch anecken und es gibt in einer Diskussion Widersprüche aber ich muss mein Gegenüber nicht provozieren.

Eine eigene Meinung zu haben und diese auch zu verteidigen ist sehr wichtig. Auch Rückgrat ist eine Eigenschaft die wir in unsere Gesellschaft viel mehr wertschätzen sollten, aber beides steht nicht in einem negativen Zusammenhang mit der Eigenschaft nett zu sein.

Ich versuche alle Menschen die ich neu kennenlerne wie alte Freunde zu behandeln, so merkt man gleich ob man auf der gleichen Wellenlänge ist oder ob man vielleicht doch nicht so gut zusammenpasst.

Oft werden nette Menschen auch als naiv angesehen und Naivität wird auch gerne ausgenutzt. Meiner Meinung nach ist das Gegenteil der Fall. Wenn ich mich bemühe mich in mein Gegenüber hinein zu versetzen und auf ihn eingehe, dann habe ich viel mehr Informationen über die Situation wie mein Gesprächspartner. Dadurch fällt es mir leichter auf ihn einzugehen und das Gespräch in eine angenehme Richtung zu lenken oder Erwartungen in einen Rahmen zu bringen.

Nett sein hat auch nichts damit zu tun immer zu allem Ja und Amen zu sagen. Man kann auch nett und bestimmt Nein sagen. Ein Nein muss nicht zwangsläufig zu einer Eskalation führen. Am Ende muss man immer mit sich selbst im Reinen sein und wenn man auf etwas keine Lust hat, ist es total in Ordnung einfach einmal Nein zu sagen. Wenn man am Abend fix und fertig vom Tag ist und von einem Freund gefragt wird ob man ihm noch beim übersiedeln hilft, ist es auch mal okay einfach ehrlich zu sagen, dass man das nicht mehr schafft. Man ist deswegen kein weniger netter Mensch oder schlechterer Freund und in 99% der Fälle stößt man auch auf Verständnis. Wenn dem nicht so ist sollte man eher die Freundschaft hinterfragen den sich selbst.

Schaffe ich das alles immer zu 100%? Nein sicher nicht, auch ich hab hin und wieder einen Meltdown im realen Leben wie auch online, aber es muss nicht immer alles zu 100% klappen um etwas besser zu machen, aber dazu mehr beim nächsten Mal.

Ruheloser Serial Entrepreneur und Podcaster aus Innsbruck. Immer auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Redet eigentlich lieber wie er schreibt, aber siehe Satz zu neuen Herausforderungen, weiter vorne. Hat sich seine kindliche Begeisterung für alles was Popkultur betrifft erhalten.

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