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Hängungsarten

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Eine Katastrophe: Ex-Landeshauptmann Platters Porträt findet keinen repräsentativen Platz mehr unter seinesgleichen im Rokokosaal des Tiroler Landhauses!

Sowas geht natürlich gar nicht. Da muss eine kreative Lösung her. Und für kreative Lösungsangebote bin ich immer zu haben. Aus dem Stegreif fallen mir da gleich ein paar zur Auswahl ein:

Die Porträts sind sowieso, im Verhältnis zur Bedeutsamkeit der Personen, zu groß geraten und in den wenigsten Fällen künstlerisch bedeutend. Man könnte also guten Gewissens verkleinerte Kopien anbringen. So ließe sich noch für ein paar zukünftige Volksvertreter Platz schaffen. Und wenn dann in hundert Jahren einmal ein nicht-schwarzer Landeshauptmann gewählt würde, könnte der (oder gar die?) endlich mit dem Abhängen einiger Oldies beginnen.

Man könnte natürlich die Original-Bilder auch anderswo ausstellen, nicht gerade im Rokokosaal, der stilistisch sowieso fatal auf die Zeit des Niedergangs absolutistischer Herrschaftsformen verweist. Anbieten würden sich zum Beispiel die hundert verwinkelten Gänge des Landhauses, wo man die Herren dann, je nach Vorliebe der Zeit, besser oder weniger auffindbar an den Wänden anbringen könnte, auch als Orientierungspunkte für im Haus sich verirrende Bürger. „Gehen Sie von Weingartner zu Wallnöfer, und dann an Partl vorbei, da finden Sie zum Ausgang!“ Zudem böten die Gänge auch noch Platz für etliche dekorative leere Rahmen — für all die Frauen, die nicht Landeshauptfrau geworden sind.

Und wenn man schon partout nicht aus dem großen Saal weichen will, würde sich, stilistisch passend, zumindest die Petersburger oder Salon-Hängung anbieten, die allerdings zurzeit vielleicht nicht so beliebt ist, denn Leningrad erinnert die sowohl politik- als auch kunstaffine Bürgerschaft womöglich an alte und neue Diktatoren, deren Aufstieg in dieser Stadt begann. Und bei den nicht im Kunstjargon versierten Tiroler*innen (und das wären dann doch viele) könnte das Wort „Hängung“ womöglich gar revolutionär-umstürzlerische Ideen wecken, was keinesfalls der Intention dieser Bildergalerie entsprechen dürfte.

Als letzte Option bietet sich natürlich immer auch der Keller oder ein Museumsdepot für die Eitelkeiten vergangener Größe an.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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