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Der Niki und der Sigi

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Wenn in Österreich große Dinge mit Geschäftsleuten abgewickelt werden, die sich Niki oder Sigi nennen, ist höchste Vorsicht geboten.  Diese Namen klingen so harmlos und Vertrauen erweckend, dass eine vertrauliche Absprache zwischen ihnen und der Politik, quasi unter Freunden, eine natürliche Sache scheint. Jedenfalls könnte man das niemals als Mauschelei bezeichnen, wenn man mit einem Sigi oder einem Niki etwas ausmacht. Jeder hat schließlich das Gefühl, er sei mit so einem netten Kumpel schon seit Kindertagen befreundet, und da ist es nur natürlich, dass man ihm, wenn er mal ein bisschen Unterstützung beim Ankauf oder Verkauf von Unternehmen oder ein paar Milliönchen an Subventionen braucht, gerne unter die Arme greift, während man sich bei jemandem, den man mit Herr Lauda oder Herr Wolf anreden müsste, vielleicht die Sache doch genauer überlegen würde. Hier kennt man sich, das genügt. Diejenigen Persönlichkeitsaspekte, denen man im gemeinsamen Sandkasten noch nicht begegnete — die brutalen Geschäftspraktiken, das rücksichtslose Konkurrenzgebaren, allfällige Verbindungen zu nicht ganz sauberen Partnern im Ausland — kann man mit einem Duzfreund bei einem Glaserl erstklassigem Bordeaux leicht vergessen.

Und wer einen Betrieb oder ein Land erfolgreich führen will, der muss allen Menschen auf gleicher Stufe begegnen, der muss so tun, als wäre er einer von ihnen, selbst wenn er diesen Menschen das gute Leben versauen muss. Wenn sie dich mit dem gekürzten Vornamen anreden können, dann tun sie freiwillig alles für dich, notfalls sogar auf Lohn und Arbeit verzichten.

Politikern ergeht es da nicht anders als dem einfachen Mann.  Eine Freundschaft mit einem Niki oder Sigi ist eine win-win Situation für Politiker wie Geschäftsmann, von österreichischer Gemütlichkeit durchtränkt. Endlich ist da jemand, der dich vorbehaltslos liebt und braucht, während der Rest des Landes, für das du dich zu Tode buckelst, ständig undankbar herumraunzt. Dabei wollen ja alle nur das Beste für die Menschen. Das lächerliche bisschen Rendite, das für die Mühsal herausschaut, darüber braucht man unter Freunden nicht zu sprechen.

Und was, wenn dann der gute Kumpel das Vertrauen doch nicht rechtfertigt und das Staatsgeld und die versprochenen Arbeitsplätze trotz Lohnkürzungen und Betriebsschließungen in den Sand setzt? Dann ist das natürlich schlimm. Aber unter alten Freunden wirft man sich so etwas niemals vor. Jeder, auch ein Niki oder Sigi, kann schließlich einmal Pech haben.

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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