Es gibt keinen Gott außer der Party, und Apo ist sein Prophet

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Im Internet treten „Apo and the Apostles“ als Combo mit „diversen“ Backgrounds auf – so benennen sie selbst lakonisch die kulturelle Sprengkraft ihres Projekts. Das erste, was unmittelbar ins Auge sticht, ist die sprachliche Vielfalt: Die meisten ihrer bekannten Songs singt Apo auf Arabisch, obwohl er selbst armenischer Muttersprachler ist und in einem Hebräisch sprechenden Umfeld aufwuchs.
In der Zunge von Babel wollen sie, bevorzugt im Umkreis von Bethlehem, die wahre und einzige frohe Botschaft verkünden: „Party and sababa.“
„Sababa“ ist auf Hebräisch das, wofür man auf jeder anderen Sprache mindestens fünf verschiedene Wörter benötigt: Gechillt, locker, alles cool, easy, don’t bother. Es ist die Stimmung, in die man in einem warmen Land, in dem sich mindestens das halbe Leben auf der Straße abspielt, sehr leicht kommt. Im frostigen Europa braucht man dazu mindestens ein gutes sababa Album.

Mauern im Kopf

So eines ist die neue Platte von Apo und seinen Jungs, das diesmal ganz und gar englischsprachig ist. „Saving a Dead Sea“ heißt das gute Stück. Auf dem Cover steht ein kleiner Junge mit Schwimmreifen vor der West Bank Barrier, der über 700 km langen Mauer, die Israel als Schutz vor Terrorismus mitten durch das Land gezogen hat.
Das ist auch die Mauer, die der Band das Leben manchmal nicht ganz leicht macht. In Betlehem waren „Apo and the Apostles“ die zweite Band überhaupt, behauptet Trompeter Firas Harb, und auch Ramallah hat keine nennenswerte Musikszene. Und in Bars, die kein Bier ausschenken, spielt die Band schon mal gar nicht.
Aber innerhalb von Israel eine Aufführungsgenehmigung zu bekommen, ist für die vier palästinensischen Mitglieder kein Kinderspiel. Also nur manchmal Konzerte im Westen, dafür umso häufier in Ostjerusalem und zunehmend auch in der Türkei und in Europa. Apos Apostel verbreiten frischfröhlich ihre hedonistische Message und freuen sich, wenn sie ein Publikum erwischen, das mit ihren Vibes mitgeht.

Die tote Liebe retten

„Saving a Dead Sea“ ist frei von Vorschlägen dazu, wie man denn dieses Tote Meer am besten retten könnte. Stattdessen geht es um ehemalige Geliebte, zerbrochene Beziehungen und die wilde junge Liebe. Zu beschwingten Indie-Folk-Melodien geht alles erotische Glück den Bach runter. Eine interkulturelle Message: Das Ding mit den Frauen ist offenbar nirgendwo so einfach.
Damit schließt die Band an die altbewährte arabische Tradition des Schmachtens an und beschwört sie mit Songtiteln wie „Albi“ und „Yalla Dance“ herauf, aber bricht zugleich leidenschaftlich mit ihr. Weil Apo Schwierigkeiten mit der arabischen Phonetik hat, sind die Texte weniger lyrisch als rotzig, umgangssprachlich und schlicht.
In einem Interview meint Apo, das er die Schnauze voll hätte von dem üblichen „habibi, habibi“-Gesülze. Und dann macht er es trotzdem selbst. Auf Englisch ist es ähnlich: Die neuen Lyrics sind keine große Herausforderung, aber witzig, klug und eingängig. Nichts ist heilig, aber alles irgendwie schön.
Wie es die Band mit der Religion hält? Dazu nur vier Worte: „My God is drunk“.

Einfach mal sababa, Leute

Aber ihre Message trifft sowohl einen von Liebeskummer geplagten Twen als auch den ganzen vom Krieg geplagten Nahen Osten mitten ins Herz:
„Keep on dreaming, don’t stop breathing, fight those demons / Sell you soul, not your whole self“. Das ist kein Lösungsvorschlag und kein Allerheilmittel, aber als gut gelaunte, frische Provokation reicht es aus, um die Dinge in Bewegung zu halten. Und anders als die vielen Musikprojekte aus Israel, die explizit politisch und völkerverbindend sein will, wie Yael Deckelbaums pathetisches „Prayer of the Mothers“, das vor einigen Jahren auf YouTube viral wurde.
Denn „Apo and the Apostles“ haben einen großen Vorteil: Sie sind talentierte Künstler, die einfach nur Musik machen wollen, die den Leuten das Leben ein wenig erleichtert. Und das wird immer gebraucht, ob mit Krieg oder ohne.


 Zum Reinhören




Titelbild: (c) Apo and the Apostles

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