Was wir von Literatur wirklich lernen können

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(c) Amy, Sex Machine, flickr.com

Große Literatur beschäftigt sich mit zwei Themen. Mit der Liebe und mit dem Tod. Ein wacher Geist würde nun selbstverständlich die Frage stellen, ob das Leben nicht mehr zu bieten hätte und nachwerfen, dass ein Leben, das nur aus Liebe und Tod bestünde, nicht zu ertragen wäre. Das stimmt und ist wahrscheinlich auch der Grund, wieso die beiden Zustände so konsequent domestiziert, institutionalisiert und terminiert wurden. Für die Liebe gibt es die Schmetterlinge im Bauch, das Schlafzimmer, den Valentinstag, Ringe und zuletzt die Ehe. Für den Tod gibt es Therapeuten, Bestatter, Friedhöfe, Trauerfeiern und Allerseelen. Alles schön organisiert, straff und pünktlich, an den Rand gedrängt, dorthin, wo Neugier aufhört und Verdrängen anfängt. Kein Wunder also, dass sich die Literatur dieser beider Themen annehmen muss.
Wagen wir ein weiteres Gedankenexperiment. Eines für all jene Menschen, die im Alltag gestresst von Abgabe zu Abgabe und von Termin zu Termin hetzen. Wenn die große Weltliteratur nur zwei Themen kennt, gibt es vielleicht ja auch nur zwei Themen, die von tatsächlicher Relevanz für unser aller Leben sind. Generationen an Schriftstellern, Literaten und Denkern können sich doch nicht dermaßen irren. Wenn beim nächsten nahen Projektabschluss der eigene Chef wild gestikulierend und mit purpurrotem Kopf vor einem steht, nicht sofort dagegenwachteln oder eingeschüchtert mit den Schultern zucken. So lange es nicht um die Liebe oder den Tod geht, kann es so schlimm nicht sein und ist demnach auch keinen sorgvollen Gedanken oder hohen Blutdruck wert.
Fügen wir nun zu guter Letzt diese beiden Überlegungen zusammen, so kann es nur einen logischen Schluss geben. Wir Menschen sind auf dem Holzweg. Und das nicht etwa im kleinen Stil, wie wenn man bei einer Wanderung die falsche Abzweigung nimmt, nur um zehn Minuten später den eigenen Fehler zu erkennen und leicht angezipft zur Weggabelung zurückzustapfen. Wir haben die Abfahrt verpasst und brausen mit Tempo 200 in Richtung Totalschaden. Eine Gesellschaft in der die Liebe und der Tod nur in der Literatur ihre Entfaltung finden und in der Nebensächlichkeiten hauptsächlich unseren Fokus lenken, produziert zwar viel, aber mit Sicherheit keine glücklichen Menschen.
Was lehrt uns also die Literatur? Liebe machen (!), bevor es zu spät ist.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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