(c) Helmuth Schönauer

INNS´WURST (1): Endlich Stoff

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WURST (1)

Für das Genre Feuilleton zeigen sich Wahlen immer als Schlaraffenland an Themen. Zwar müssen sich Feuilletonierende durch einen siebenfachen Brei an Programmen, Floskeln und affichierten Gesichts-Birnen fressen, aber dann kriegen sie sich nimmer satt: Stoff Stoff Stoff, so weit das lesende und schreibende Auge reicht.

Die Besonderheit von Wahlstoff liegt darin, dass darin zwischen Fakt und Fake, Sinn und Unsinn, illegalen Tricks und legalen Geschäften nicht unterschieden wird.

In Innsbruck also finden am 14. April 2024 die nächsten Gemeinderatswahlen statt, auch Bürgermeister-Kandidierende sollen sich gerüchtehalber den Wählenden stellen.

„Alpenfeuilleton“ wird in loser Folge den Wahlkampf begleiten. Dabei wird es aber nicht in die Falle gehen, die auftretenden Personen und ihr Gestammel zu kommentieren, sondern „Alpenfeuilleton“ wird hinter die Falle schauen. – Wer hat welchen Schmäh auf Lager, um den einen oder die andere hineinzulegen und ihnen die Stimme abzuluchsen.

Achtung: Abluchsen sollte man in Zeiten der Wolfsentnahmen nicht verwenden, weil es sich schon um eine politische Botschaft handelt.

Eine politische Botschaft vermittelt auch jener passionierte und pensionierte Spaziergänger, der bislang in Innsbruck am Vormittag so lange durch das Gelände gewandert ist, bis er fünf Hunde gesehen hat. Seit aber Innsbruck mit 5000 Hunden bevölkert ist, die naturgemäß auf den Wohnungsmarkt drücken, dauert der Spaziergang am Ende nur mehr drei Minuten. – Im Haus selbst nämlich wohnen schon fünf Hunde!

Also ist dieser Pensionist jetzt auf die Sichtung von fünf Wölfen ausgewichen, was ihm längere Spaziergänge hinter Mentlberg und Natterer Boden ermöglicht, ehe er verzweifelt umdrehen und heimkehren muss, weil die Wölfe schon wieder entnommen und unsichtbar geworden sind.

Das ist auch gut so, denn so kann sich der Pensionist daheim schon bei den Grünen einklicken und als Kandidat anmelden, denn seit 1. August ist deren Bewerberliste offen.

Grundvoraussetzung ist die Absolvierung eines Still-Kurses oder aktives Stillen während der nächsten Legislaturperiode.

Hoffentlich verklickt sich unser Parade-Pensionist nicht, wir wollen ihn wie in COVID-Zeiten Wahlpatient Null nennen. Denn nur einen Mausklick von den Grünen entfernt tut sich die  Seite „MD-Mehr Demokratie“ auf, die es im Impressum genauso meint, wie es klingt:
„mehr demokratie! die parteiunabhängige initiative für eine stärkung direkter demokratie – md!“
Die Zustelladresse ist in St. Florian bei Linz, also ist eine Stimme vor Manipulation in Innsbruck sicher, wenn sie gleich aus der Stadt hinaus weggeschickt wird.

Noch liegen die Stimmen leer und sinnlos in der Stadt herum, die Leute gehen mit ihren eigenen Stimmen herum, als könnten sie alles selber sagen, aber im Untergrund brodelt es schon.

Die Parteien werden im nächsten Halbjahr den Innsbrucker Wählerstimmen-Topf zum Kochen bringen, und wir Feuilletonisten werden unsere Käsestückchen hineinhalten wie beim Fondue, das alle fünf Jahre aus der Kiste geholt wird.
Vor allem das ranzige Altöl schmeckt hervorragend, wenn man darin bewährte Argumente schwenkt.

STICHPUNKT 23|70, geschrieben am 01.09.2023

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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