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Vom Schummeln und Lügen 13 – Umwortungen und ihre Widersprüche

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Orwell´scher Neusprech auf Österreichisch-Bajuwarisch im Jahr 2023:

Da wird gerade eine Debatte darüber geführt, was althergebracht, ist gleich „normal“, und daher zu bewahren sei und was nicht. Im gleichen Atemzug wird aber von jener Minderheit (20 bis 30 % der Wählerschaft), die sich als „schweigende Mehrheit“ apostrophiert, tagtäglich lautstark an der Errichtung einer „neuen Normalität“ gearbeitet. Durch Neuinterpretation demokratischer Rechte, wie etwa der Meinungsfreiheit, wird nun jede Art der Beschimpfung und Verleumdung als „freie Meinungsäußerung“ gerechtfertigt. Manche versuchen mit solchen Mitteln bereits den Weg in eine „illiberale Demokratie“ zu ebnen, wobei auch dieser Begriff wieder in sich widersprüchlich ist. Es müsste richtigerweise „Pseudo-Demokratie“ heißen. Und wenn die „Meinungsfreiheit“ juridisch einmal gar zu sehr überspannt wird, wird das Gesagte eben (z.B. von Herrn Grosz) zur „Satire“ erklärt und unterliegt somit dem Schutz der Kunstfreiheit.

Neben dem „Volk ( Vgl. „Die Tücken der Namenswahl“ ) wird nun der Begriff des „Bürgers“ umgedeutet. Im Nachbarland Bayern wünscht sich Herr Söder nach der Wahl unbedingt eine „bürgerliche Koalition“, wofür ihm einzig die Partei der „Freien Wähler“ passend erscheint. Die bayrischen Grünen erscheinen der CSU dagegen für eine bürgerliche Koalition explizit ungeeignet, denn die sind offensichtlich keine bayrischen Bürger.

Und hierzulande bleibt das versprochene „Informations-Freiheits-Gesetz“, auch „Transparenzgesetz“ genannt, für den Großteil des Landes weiterhin ein Mittel zur Verdunkelung, was wiederum nach den nächsten Wahlen gerade den „Freiheitlichen“ freien Handlungsspielraum geben wird, deren langfristiges Ziel es ja ist, wie Freund Orban die Informations- und somit Entscheidungsfreiheit der Bürger abzuschaffen (s. oben, Stichwort „Illiberale Demokratie“).

Die Utopie der „Volks-Partei“ dagegen ist es, das Volk ohne zu viel Einsicht langfristig weiter regieren und die eigene Macht durch Intransparenz für immer und ewig einzementieren zu können. Dummerweise führt aber genau das geradewegs in den langfristigen Machtverlust, denn es wird bloß den Machterhalt ihrer Regierungsnachfolger sichern. Utopien haben überhaupt die Tendenz, sich anders als gedacht zu verwirklichen (s.Orwell). Und so wird wohl in Zukunft ein selbsternannter „Volkskanzler“ aus einer anderen als der „Volks-Partei“ bei „schweigender Mehrheit“ in den Genuss der „normalen“ österreichischen Intransparenz kommen. Und eine neue Elite wird endlich dort absahnen können, wo es den von ihr angeprangerten bisherigen „Eliten“ aus Kunst, Wissenschaft, Gerichtsbarkeit und Wirtschaft bisher nicht gelungen ist.

Auch der „Genderwahnsinn“ wird beendet werden. Die lästigen – wahnsinnigen? — Frauen und die anderen nicht eindeutig männlichen Menschen werden einfach zuerst sprachlich und dann gesellschaftlich wieder ins ihnen zustehende Eck gestellt.

Und die „Anständigen“ werden nicht mehr von den unanständigen 1,5 Millionen ohne österreichische Staatsbürgerschaft behelligt werden. Wir Österreicher werden demzufolge unsere Busse und Taxis wieder selber fahren, unseren Müll selbst in den Müllwagen hieven und unsere Alten und Kranken selber pflegen. Eben wie es früher „normal“ war.

Die „Lügenpresse“ wird mangels Parteien-Inseratengeschäft von selber eingehen. TikTok, X, Meta Telegram, oe24 und Heute sind schließlich gratis und genügen fürs tumbe Volk.

Und es werden vor allem keine „illegalen Migranten“ mehr über die Grenzen in die Festung Österreich eindringen – und die legalen Migranten (Touristen, Opernsängerinnen, Pflegerinnen) bleiben durch die Gitter und Mauern gleich mit ausgesperrt. (Oder werden Militärdienstler dann im Grenzstau aussortieren?) Schöne Nebeneffekte: durch den Dauerstau an streng kontrollierten Außengrenzen wird sich unser Transitproblem ganz von alleine lösen. Und die EU wird uns in der Verkehrspolitik und insgesamt endlich nicht mehr dreinreden können. 

Kurzum: Sämtliche Probleme beseitigen sich ganz von selbst, sobald dank Umwortung neue Denk- und Handlungsansätze entstanden sind. Großbritannien hat es vorgemacht. Das hat dort prima funktioniert. Und da soll noch einmal einer sagen, ein paar Worte könnten nicht alle Widersprüche aufheben und die Welt verändern!

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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