(c) Markus Stegmayr

Warum der zweite Lockdown in Österreich jetzt kommen muss

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Angela Merkel hat mit der Verkündung eines Quasi-Lockdowns für Deutschland vorgelegt. Bei ihrer gestrigen Pressekonferenz war sie klar und argumentativ konsequent. Die Beschränkungen und Schließungen, die sie in Abstimmung mit den Ministerpräsidenten deutschlandweit verhängte, hatten eine zwingende Logik, der man sich gerne verweigert hätte.

Schließlich gibt es viele Künstler, Selbständige und Gastronomen, die mit diesen Maßnahmen ins Abseits gedrängt werden. Versprechen seitens der Kanzlerin, dass man diesen Berufsgruppen finanziell unter die Arme greifen werde, sind da nur wenig Trost.

Die Betroffenen werden sich in den nächsten Tagen zunehmend solidarisieren und Briefe an Minister und Verantwortungsträger schreiben. Der ganze Unmut und die ganze Verzweiflung entladen sich zudem verstärkt in den sozialen Netzwerken. Denkbar auch, dass sich die vom Teil-Lockdown getroffenen Personen zusammenschließen und auf die Straße gehen. Gut möglich, dass sich dann die verständliche Verärgerung künftig nicht nur in Worten ausdrückt.

Eigentlich müsste man dann mit diesen Personen gemeinsam auf der Straße stehen. Doch Merkel hat Recht. Der befristete Verzicht auf Kultur und Gastronomie und somit auf Vergnügungen insgesamt könnte die entscheidende Wende bringen. Daraus lässt sich zumindest ein Sinn-Konstrukt generieren, das tatsächlich noch einmal für einen bestimmten Zeitraum so etwas wie Zusammenhalt ermöglicht.

Denn wenn man ehrlich ist, dann muss man das Verordnungs-Flickwerk und das Ampel-Hickhack in Österreich als belastender als eine radikale Vollbremsung benennen, wie sie neben Deutschland auch Frankreich vornimmt. Durch die Wirksamkeit dieser Vollbremsung werden die politischen Entscheidungsträger gestärkt hervorgehen. Die augenscheinliche Wirkungslosigkeit der in Österreich getroffenen Maßnahmen hingegen entzieht der Politik Schritt für Schritt das so dringend notwendige Vertrauen.

Die österreichische Bundesregierung und vor allem der Bundeskanzler muss daher nun dringend die notwendigen Konsequenzen ziehen, damit ein Teil-Lockdown nach deutschem Vorbild möglich wird. Und das nicht nur aus polit-strategischer Überlegungen und nicht nur deshalb, um dem grünen Verordnungs-Wildwuchs Einhalt zu gebieten. Der Lockdown ist notwendig, um dem Zerfall der Gesellschaft in Partikularinteressen Einhalt zu gebieten.

Denn dass Musiker auftreten wollen und Gastronomen bewirten ist selbstverständlich. Ebenso die Tatsache, dass man sich dazu durch Verordnungen quält und ständig neue Möglichkeiten findet, um seiner Tätigkeit zumindest eingeschränkt in Pandemie-Zeiten doch noch nachgehen können. Dass führt zu Neid untereinander auf diejenigen, die es vermeintlich besser erwischt haben und denen mehr Möglichkeiten eingeräumt wurden. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass die stetige Veränderung und Inkonsequenz der Maßnahmen und die damit einhergehende relative Wirkungslosigkeit an sich vernünftige Menschen in die Arme von Corona-Leugner treiben.

Wegen alldem braucht es einen gezielten Teil-Lockdown in Österreich. Besser heute als morgen.

Elfenbeinturmbewohner, Musiknerd, Formfetischist, Diskursliebhaber. Vermutet die Schönheit des Schreibens und Denkens im Niemandsland zwischen asketischer Formstrenge und schöngeistiger Freiheitsliebe. Hat das ALPENFEUILLETON in seiner dritten Phase mitgestaltet und die Letztverantwortung für das Kulturressort getragen.

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