Selbst erfüllende Prophezeiung

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© Dr. Stephan Barth / pixelio.de

Taktik beginnt nicht erst mit Spielanpfiff auf dem Platz, sondern passiert schon zu einem viel früheren Zeitpunkt – am Beginn der Saison. Das Ausrufen eines Saisonziels ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil im Umgang mit den Medien und den eigenen Fans, sondern ist ein entscheidender Faktor der Zielerreichung. Nur wer ein Ziel klar definiert, in privaten ebenso wie in wirtschaftlichen Bereichen, kann mit der potentiellen Zielerreichung rechnen.
Zwei Typen – zwei Philosophien
Wie wichtig die bewusste Erzeugung von Erwartungshaltungen im internationalen Fußball geworden ist, zeigen die unterschiedlichsten Medienberichte der letzten Wochen. So schieben sich Borussia Dortmund und der FC Bayern München momentan via Kicker, Bild und Co fast täglich gegenseitig die Favoritenrolle im Meisterschaftsrennen zu.
Lange Zeit waren die Bayern DIE Stimme im Deutschen Fußball und die Meinungsmacher Nummer eins, wenn es um die Verteilung der Favoritenrolle in der Bundesliga ging. So polterte Uli Hoeneß pünktlich zum Saisonstart aus seinem Kämmerchen und bewertete sämtliche Kräfteverhältnisse im deutschen Spitzenfußball. Nur wenige Tage später kommen bestätigende Worte von bayrischen Urgesteine und Lichtgestalten wie Franz Beckenbauer und Ottmar Hitzfeld zu Wort, die ihre Bayern seit Jahren perfekt zu positionieren wissen.
Seit geraumer Zeit sind die Bayern aber nicht mehr alleine vorherrschende Stimmungsmacher und Richter über den Deutschen Fußball. Mit dem BVB aus Dortmund ist ein, nicht nur sportlich starker, Konkurrent gereift. So bekam Uli Hoeneß mit Hans-Joachim Watzke, einem gelernten und erfahrenen Betriebswirten, einen Kontrahenten zur Seite gestellt der ebenso geschickt kommentiert, Druck erzeugt und Erwartungshalten lenkt.
Wie wichtig die Position des Trainers in der Außendarstellung geworden ist, zeigt die geschickte Verpflichtung von Jürgen Klopp. Der Sympathieträger wurde vor vier Jahren von Mainz losgeeist und stieß genau im richtigen Moment zum BVB. Nach wirtschaftlich turbulenten Jahren und dem darauf folgenden Genesungsprozess‘ und sportlichen Aufstieg holte man mit Jürgen Klopp nicht nur einen ausgezeichneten Trainer und Fußballfachmann, sondern auch eine große Portion Lockerheit, Erfolgsmentalität und positives Image nach Dortmund.
Heute fliegen dem ehemaligen Pleiteclub Sympathien aus ganz Deutschland, aus ganz Europa, ja aus der ganzen Welt zu. Nicht um sonst benannte eine vor kurzem veröffentlichte Studie Borussia Dortmund als stärkste Marke im Deutschen Fußball. Vor den Bayern übrigens.
Ein Blick nach Österreich
Mit Peter Hyballa und Roger Schmid haben sich Sturm Graz und Salzburg nun auch eine Portion Klopp eingekauft. Immerhin nimmt sich Peter Hyballa ähnlich wie sein Dortmunder Pendant seit Jahren kein Blatt vor den Mund und steht nachhaltig zu seiner offensiven Spielauffassung. Mit Roger Schmid kommt ebenfalls ein smart wirkender Erfolgstrainer nach Salzburg. Auch wenn er die historische CL-Qualifikation gegen Düdelingen nicht verhindern konnte, bringt er gemeinsam mit Fußballprofessor Ralf Rangnick etwas Hoffnung in die Brausestadt.
In Österreich setzt man nun also auch zusehends auf sportlich und medial, offensive und progressive Trainertypen. Die Wichtigkeit des Cheftrainers, auch Abseits des Platzes, seine enorme Auswirkungen auf Erwartungshaltung und Image, scheinen nun also auch bei uns endlich erkannt zu werden.
Ein Blick nach Innsbruck
In Innsbruck fehlt das Geld für große Sprünge – so hört man es zumindest immer wieder. Dabei verlautbart der Verein fast wöchentlich neue Sponsorenabschlüsse und stellt bei fast jedem Heimspiel Spielpartnerschaften und Matchballspenden vor. Ein Widerspruch der sich hoffentlich nicht rächt – weder sportlich noch finanziell.
„Dass immer vor sich hergetragen wurde, kein Geld zu haben, war zu einer selbsterfüllenden Voraussage geworden. Es wurde eine Mannschaft zusammengestellt, die vor allem aus leicht zu führenden Spielern bestand, die im entscheidenden Moment den Ehrgeiz und Biss haben vermissen lassen.“ So zitieren die Autoren Biermann und Köster, Frank Goosen – Kabarettist und Mitglied im Aufsichtsrat des VFL Bochum – in der aktuellen Ausgabe von 11Freunde.
Auch die Soziologie belegt: „Wenn die Menschen Situationen als real definieren, sind sie in ihren Konsequenzen real.“ Dinge die wir uns also einreden, treten irgendwann auch ein.
Nichts schreckt den Kunden mehr ab als Negativmeldungen. So wird auch kein Unternehmen der Welt ihren Kunden von den schlechten Verkaufszahlen des letzten Quartals, den begrenzten Mitteln oder dem internen Machtkampf zwischen dem Marketing und der Controllingabteilung berichten. Im Fußball stehen solche Nachrichten jedoch an der Tagesordnung. Die Medien gieren nach diesen Geschichten und die Funktionäre liefern artig.
Innsbruck ist dabei leider keine Ausnahme. Vielleicht wäre es ratsam nicht nur von den begrenzten Mitteln, sondern auch von den vielen jungen Spielern die Woche für Woche in der Regionalliga aufzeigen und von dem wachsenden Zuspruch und Vertrauen vieler Wirtschaftspartner zu sprechen. Dann gäbe es nämlich nicht nur medial einen ernstzunehmenden und reifen Kontrahenten im Westen, sondern in absehbarer Zeit auch wieder einen sportlichen.
Das wäre mal ein Ziel!
 
 
 
 
 
 
 

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