Wie wird alles gut

Auf einer Zugfahrt von Salzburg nach Innsbruck mit viel Chaos im Kopf.

3 Minuten Lesedauer
(c) Melina O. Mitternöckler
(c) Melina O. Mitternöckler

Manchmal
bin ich ein wenig verwirrt.
Ich suche Kontrolle
und will immer helfen.
Hallo! Ich bin da
für dich!
Und für mich?
Bin ich’s auch.
Aber ist das dann nicht egoistisch?

Muss sich ein Gedicht reimen?
Und warum kann ich den Tratschtanten im Zug
nicht den Mund zuleimen?

War’s jemals besser als jetzt?
Wird irgendwann alles gut?
Wie schaff ich’s,
dass ich das Jetzt mag?

Geht die Welt bald unter,
sind wir im Krieg,
verbrennen wir lebend –
und bin ich das vielleicht schon mal?

Damals im, ähm, 16. Jahrhundert oder so.
Hab ich schon mal gelebt?
Woher komm ich und:
Wird irgendwann alles gut?

Muss ich
mich distanzieren,
akzeptieren,
das Fühlen negieren,
nichts mehr klassifizieren?

Und WARUM KANN ICH DAS GESCHNATTERE IM ZUG NACH INNSBRUCK NICHT UNTERBINDEN?!

Oder hab ich nur zu viel Kaffee getrunken und
zu wenig geschlafen?

Ihr Lachen dröhnt in meinen Ohren
und ich frage mich:
Wieso ist nie alles gut?

Und wie merkt man’s,
wenn’s mal soweit ist?

Die Musik einfach noch ne Stufe lauter –
oder werd ich dann taub?
Und wär das überhaupt schlimm?

Warum ist die Deutsche Bahn unpünktlich?
Ist das okay?
Ist es okay, wenn ich’s nicht okay find?
Oder sollt ich das respektieren?
Sollt ich mich für andre massakrieren,
meine Fotos retuschieren,
meine Worte ausradieren?

Oder mir einfach eine Katze holen?

Ich bin müde und kribbelig und
chaotisch auf der Suche nach Wissen,
aber da sind so viele Bäume,
dass ich den Wald nicht seh,
und da ist so viel Wald,
dass ich keinen Baum mehr seh
und das will ich auch gar nicht,
weil dann würd ich mich
auf einen Baum fokussieren
und das wär ungerecht
den ganzen andern Bäumen gegenüber.

Ich seh schon die Kommentare vor mir:
Arme Pseudo-Philosophin, die
soll sich mal besser nen Job suchen und
ihren Mund halten!

Ja! Wie gern würd ich meinen Mund halten.
Aber: Das ist mein Kopf,
der da spricht,
und der ist einfach so laut
und nie still
und er ist so laut.
So. Laut.

Oh Gott …

Apropos: Wie wärs mit dem?
Hilft mir der Gott,
wenn ich an ihn glaub?
Oder wär eine Göttin praktischer?

Na, zum Schluss geht’s mir dann gleich
wie dem Schild da im Kreisverkehr,
da rauf nach Igls.
Aber immerhin wär ich dann widerstandsfähig.

A nit so schlecht.

Und WARUM schaltet die ÖBB diesen
anstrengenden Kinderfilm in der Familyzone
nicht aus, wenn
einfach kein Kind und nix und niemand
sich dieses übertriebene Kids-TV gibt?!

Mein Klimaticket in allen Ehren,
aber mal so theoretisch:
Ist es okay, schwarzzufahren?
Oder ist das dann unfaires Trittbrettfahren?

Nach welchen Maximen sollte man handeln?
Wie macht man immer alles richtig,
wie bereut man am Ende nichts und wie,
wie, um alles in der Welt,
wie wird alles gut?

(Und will ich das überhaupt?)


Auszug aus einem Poetry Slam von Melina Olivia Mitternöckler.

Geboren 2001 in Innsbruck. Freie Journalistin mit Liebe zu Reportagen. Kommt ursprünglich aus dem Schauspielbereich.

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