Foto von Matheus Ferrero auf Unsplash

Geheimakte „Führerschein“

3 Minuten Lesedauer

Zunehmend tun sich hochrangige Politiker schwer mit der Einhaltung der allgemeinen Verkehrsregeln. Dagegen muss endlich etwas unternommen werden!

Nachdem schon der Finanzminister — Zeit ist schließlich Geld — seinen Führerschein wegen weit überhöhter Geschwindigkeit hergeben musste, ist nun auch die EU-Abgeordnete Thaler von der ÖVP ins Visier der Verkehrspolizei geraten. Sie ist seit Neustem als Geisterfahrerin auf der Inntalautobahn unterwegs. Darauf angesprochen, zeigte sie sich zuerst uneinsichtig: Der Weg nach Brüssel und der in Richtung Brenner könne halt nur so gleichzeitig bewältigt werden. Als diese Begründung bei den öffentlichen Organen nicht so gut ankam, entschuldigte sie ihr Verhalten halbherzig: Es sei schließlich sogar für die Besten verwirrend, wenn man beruflich zwischen diametral entgegengesetzten Zielrichtungen pendeln müsse. Deshalb fahre sie im Zweifelsfall schon einmal dem erstbesten Transporter hintennach. Und weil die Zehntonner so übermächtig lang und hoch sind, könne es eben passieren, dass man einmal die richtige Ausfahrt oder ein Warnschild übersehe. Man möge es ihr verzeihen. Sie habe schließlich erst seit Kurzem die Lenkberechtigung sowohl in der ÖVP-Fraktion in Brüssel als auch in der Tiroler Wirtschaftskammer …

Es ist bisher nicht bekannt, wie das Ganze für sie ausgehen wird. In Hinterzimmern sollen aber nach diesen Vorkommnissen einige alte Herren aus ÖVP und FPÖ an Entwürfen zu einer unbeschränkten Fahrberechtigung für Lenker in Regierungsposition arbeiten, intern launisch „1000-jähriger Führer-Schein“ genannt. Sie orientieren sich dabei an Ungarn, wo es diesen schon gibt. Mit einem solchen Entwurf wird dem langgehegten FPÖ-Wunsch nach Aufhebung aller Einschränkungen für hochrangige (natürlich ausschließlich für solche!) Straßen-Rowdies entsprochen.  Auch berittene Volks-Vertreter sollen in den Genuss absoluter Straffreiheit kommen, egal auf welchen Abwegen sie sich befinden.

Eines steht jedoch für die Arbeitsgruppe bereits fest: Lenkern mit Linkssteuerung, Radfahrern und dem Fußvolk (d.h. alternativen Fortschritts- und Fortbewegungsanhängern) soll ein solcher, über allen Gesetzen stehender Führer-Schein prinzipiell versagt bleiben, diese hätten auf der Überholspur nichts zu suchen. Die sollten sich besser an die ihnen zugewiesenen Nebenwege halten. Wo käme man schließlich hin, wenn Hinz und Kunz in unserem Land nach Belieben herumfuhrwerken könnten?

Vorläufig aber sollten die Pläne bezüglich einer unbefristeten Lenkberechtigung für den rechten Personenkreis bitte noch keinesfalls an die Öffentlichkeit dringen — Böswillige könnten daraus einen unerwünschten Elitebegriff ableiten! Und die ÖVP-Spitze weiß sowieso bis zur Nationalratswahl von nichts, ihre Hintermänner leisten ja erst geheime konzeptionelle Vorarbeit. Noch liegt alles in der Schublade. Die unbefristete Lenkberechtigung im Staate kann erst nach der Wahl, sobald die FPÖ für die Lenker-Zulassungen offiziell zuständig ist, implementiert werden. Dann aber wird man sehen, was in Österreich alles möglich ist: endlich bekommen dann die rechten Leute freie Fahrt!

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.