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Warum sich schreiben (nicht) lohnt

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Seit vielen Jahren schreibe ich. Wirklich viel Geld verdient habe ich damit nur äußert selten. Das hat auch zu Krisen geführt. Das sind dann die Momente, in denen man im Freundeskreis darüber klagt, dass gutes Handwerk eben nicht bezahlt wird. Das sind auch die Phasen, in denen einem die Freunde selbstverständlich zustimmen, dass gute Texte eigentlich mehr Wert haben sollten.

So schön solche Momente sind und so sehr sie einem temporären Trost verschaffen: Im Kern reagiert das unternehmerische Umfeld an sich richtig auf Texter, die sich selbst in ihrem Wert massiv überschätzen. Texten ist ein Handwerk, keine Kunst, der fertige Text ist ein Handwerksstück, kein Kunstwerk. Nichts ist schlimmer als Schreibende, die in das Handwerk des Textens Dinge „reingeheimnissen“, die gar nicht da sind.

Man wird schließlich dafür bezahlt, dass Texte eine gewisse Rolle, eine bestimmte Funktion einnehmen. Sie sollen entweder Produkte möglichst präzise beschreiben und insgesamt und abstrakter gesehen Sachverhalte auf den Punkt bringen. Immer noch ist keine Kunst im Spiel. Unternehmen bezahlen das Handwerk, nicht den Texter, der sich als Künstler wahrnimmt.

Das zu Beginn beschriebene Phänomen, dass man sich als Texter notorisch unterbezahlt glaubt, entzündet sich an dieser Diskrepanz. Man würde eigentlich gerne für seine schöne Künstlerseele bezahlt werden, bekommt aber in allen Fällen „nur“ Geld für sein abgeliefertes Handwerksstück.

Der „Künstler“ dahinter interessiert nicht. Die metaphysische Substanz, die man selbst als Kunst-Texter gerne gesehen haben will, hat keine Relevanz. Ein Text muss gelesen werden, er muss verkaufen, er muss ankommen. Je besser das Handwerk und je mehr zugeschnitten auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kontextes, desto mehr wird es auch honoriert werden.

Lohnt sich schreiben also gar nicht? Ja und nein. Nein dann, wenn man selbst glaubt, dass man eigentlich Künstler sei und aus diesem Verkannt-Sein durch das Umfeld Frustration entsteht. Es lohnt sich aber sehr wohl, wenn man dazu in der Lage ist, sein „Ego“ in den Hintergrund rücken zu lassen und das Schreiben auf die pure Funktion der Wirkung reduzieren kann. Wer sich mit Wirksamkeit von Texten beschäftigt, der kann beim Schreiben sein Glück finden.

Elfenbeinturmbewohner, Musiknerd, Formfetischist, Diskursliebhaber. Vermutet die Schönheit des Schreibens und Denkens im Niemandsland zwischen asketischer Formstrenge und schöngeistiger Freiheitsliebe. Hat das ALPENFEUILLETON in seiner dritten Phase mitgestaltet und die Letztverantwortung für das Kulturressort getragen.

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