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Neues vom Tourismus

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Ein Après-Ski-Lokal fliegt mit mehr als 3,5 Millionen Euro „nicht ordnungsgemäß versteuerten“ Beträgen auf (wie’s etwas umständlich, aber zweifellos korrekt heißt).

Das ist natürlich ein Einzelfall.

Weitergehende Schlüsse, Verallgemeinerungen gar verkneifen wir uns. Wir haben ja keine diesbezüglichen Daten oder Fakten. Ein Einzelfall also, wieder einmal, und natürlich gilt die unschuldigste aller Unschuldsvermutungen. Die Leserin, der Leser werden sich ohnehin ihren eigenen Reim drauf machen, wie ich annehme. Besonders, wenn sie selbst und höchstpersönlich in einem Tourismus- oder Gastronomiebetrieb gearbeitet haben, und das dürfte hierzulande gar nicht so selten der Fall sein.

3,5 Millionen Euro!

Versuchen wir einmal, uns das vorzustellen: Selbst wenn Sie gar nicht so schlecht verdienen, sind das immer noch an die zweitausend Monatsbezüge. Zweitausend! Da müssten Sie – halten Sie sich bitte fest – da müssten Sie an die 160 oder 170 Jahre arbeiten, um das zu verdienen. Oder noch länger.

Doch dann erfragen wir eben dieser Tage, wie schlecht es den Herrschaften aus der Hotellerie und dem Gastgewerbe geht. Sie finden nämlich keine Arbeitskräfte. Diese Jammerei dauert nun auch schon einige Zeit an. Interessant nur, dass die naheliegende Lösung nie erwähnt wird: höhere Löhne, bessere Bedingungen. Dabei wär’ das ein Marktgesetz. Wenn’s drum geht, Leute zu entlassen oder ihnen immer weniger zu zahlen, dann kommt man uns ja auch mit diesen Gesetzen. Nur jetzt, wo sie ausnahmsweise einmal zugunsten der Angestellten wirken, da will man nichts davon wissen. Schon seltsam, oder?

Aber dann gibt’s auch dafür ein Argument aus der wirtschaftlichen Propagandaküche: Das könne man sich nicht leisten, heißt es, da gäb’s keine Beherbergungsbetriebe mehr und keine Gastronomie.

Die können also nur existieren, wenn sie ihren Angestellten Hungerlöhne zahlen?

Vor neunzig Jahren hat der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt darauf eine ganz klare Antwort gefunden: “No business which depends for existence on paying less than living wages to its workers has any right to continue in this country.”

Noch Fragen?

Aber natürlich – so läuft das nicht in Österreich. Es wird folglich ein Weg gefunden werden, wie man dem Tourismus seine billigen Arbeitskräfte zuführen kann. Gerade jetzt, in der türkisen Ära. Wozu gibt’s schließlich den Pöbel? Also: Machen Sie sich bloß keine Sorgen!

H. W. Valerian (Pseudonym), geboren um 1950. Lebte und arbeitete in und um Innsbruck. Studium der Anglistik/Amerikanistik und Germanistik. 35 Jahre Einsatz an der Kreidefront. War Freischaffender Schriftsteller und Journalist, unter anderem für die Gegenwart. Mehrere Bücher. Mehr Infos auf der persönlichen Website.

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