Co&Bi 2023

Alles Gute, Cognac & Biskotten!

25 Jahre Jubiläumsinterview mit Thomas Schafferer.

9 Minuten Lesedauer
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Wenn der Literaturclub Cognac & Biskotten heißt, müsste sich AFEU wahrscheinlich Whisky Sour taufen. Ein bisschen herb, rauchig und in der Vergangenheit oftmals ganz schön sauer. Aber so darf das sein. Das Feuilleton muss niemandem gefallen. Es beschreibt und legt den Finger in die Wunde; kann aber auch romantisch. Genug der viel zu langen Einleitung, die eh niemanden interessiert. Als AFEU haben wir uns in den letzten Jahren viel zu wenig vernetzt; daher der Whisky Sour Ruf. Höchste Zeit, das zu ändern. Und zwar anlässlich eines schönen Jubiläums. Cognac & Biskotten wird 25! Herzlichen Glückwunsch und alles Gute für die Quarterlife Crisis. 😉

Wir haben Thomas Schafferer zum Interview gebeten. Als Autor und Wortkünstler, „musste“ … durfte er die Antworten natürlich selbst abtippen.

AFEU: Was macht Cognac & Biskotten einzigartig?

Thomas Schafferer: Einerseits ist Co & Bi zwar ein Literaturclub, sprich Verein, der Lesungen oder Schreibwerkstätten bis hin zu Kabarettauftritten oder Konzerten veranstaltet. Denn wir interessieren uns für Literatur im engeren, wie auch weiteren Sinn. Mit unzähligen Sonderprojekten, wie z.B. Daniel Suckerts Kabarett „Kommissar Prohaska“. Oder zehn Reihen, wie z.B. Co & Bi Talente, wo in der Bäckerei seit 2015 jährlich neue Literaturtalente inkl. musikalischer Acts präsentiert wurden. Mittlerweile sind das schon 33 Talente jeglichen Alters, deren Texte auch im Anschluss in Buchform von uns herausgebracht wurden.

Andererseits wurde das gesamte Cognac & Biskotten „Imperium“ jedoch als Literaturzeitschrift gegründet. Anfangs noch in selbstkopierter A5-Fanzine-Form für die eigenen Texte, später bald schon mit einem viele Menschen und Kooperationen integrierenden Gesamtkonzept, das uns wohl sogar weltweit recht einzigartig gemacht hat. Denn von Ausgabe zu Ausgabe wechseln Thema, Trägermedium und Präsentationsort und gehen eine kunterbunte Symbiose ein.

Die rundesten Beispiele sind die Ausgabe zum Thema Wunder „Die literarische Wunder-Tüte“, präsentiert 2019 mittels Rundumverwunderungshappening mit rund fünfzig KünstlerInnen durch das Schloss Ambras (inkl. Wunderkammer). Oder zum Thema Endzeitstimmung „Die literarische Konservendose“ (mit Schriftrolle, Strohhalm zum Festhalten, Cognacfläschchen zum Wärmen), präsentiert 2013 im größten Innsbrucker Luftschutzstollen namens Guggenbichl, mittels vielfältiger Lese-Musik-Expedition durch das weitläufige Bunkersystem. Oder auch zum Beispiel zum Thema Kindheit, „Der literarische Papierflieger“, präsentiert 2009 im Kindergartengebäude St. Nikolaus mit Felix Mitterer.

Besonders waren auch Ausgaben, die nicht erwerbbar und nur als Aktionen erlebbar waren, wie zum Thema „Provinzposse“ der „24-Stunden-Theater-Marathon“ gemeinsam mit Theater Melone 2014 im Freien Theater, wo das Schreiben, Proben bis zum Aufführen von 5 Theaterstücken innerhalb eines Tages stattfand. Oder die durchgeknallte Ausgabe zum Thema „Pro-Text“ als eine „literarische Demonstra(k)tion“ 2012 quer durch die Innenstadt mit Polizeieskorte.

Generelles Ziel aller Veranstaltungen und Publikationen ist die Unterstützung von KünstlerInnen. Unser Programm soll lebendig, leichtfüßig, herzerfrischend, viele Sinne ansprechend, liebevoll, wohlüberlegt, detailverliebt, inspirierend, experimentierend, berührend, wild und mitmischend, partizipativ, fördernd und kooperativ zu sein. Nämlich um künstlerisch und kulturell die Menschen zu befruchten und gute Augenblicke bzw. Erinnerungen zu kreieren. Was uns (und mich) abseits davon auszeichnet ist das Nichtaufgeben, der lange Atem und das Dranbleiben an Co&Bi.

Welche Bedeutung haben Cognac & Biskotten, nach 25 Jahren, mittlerweile für Innsbruck und Tirol?

Diese Frage können wir im Grunde nicht beantworten, dafür fehlt uns der Außenblick, den haben andere. Generell wurde zwar viel bewegt, aber wenn es morgen mit Co & Bi aus sein sollte, werden wir zwar vielleicht Literaturgeschichte in der einen oder anderen Weise geschrieben haben, hoffentlich. Allerdings können wir uns davon leider nichts kaufen.

Eine Wahrnehmung darf ich aber erwähnen, die ich immer wieder habe, wenn AutorInnen irgendwoher aus Deutschland, der Schweiz, Italien oder Österreich an unseren Projekten teilnehmen, bleibt ihnen der Mund vor Staunen offen, was bisher geschaffen wurde. Leider ist diese Wertschätzung und der enorme Respekt vor 25 Jahren permanenter Neuerfindung in unseren Breitengraden nicht ganz so ausgeprägt. Masterarbeiten, Dissertationen und Ehrungen gab es bislang noch keine …

Deine schönste Anekdote aus 25 Jahren, die einfach jeder kennen sollte, aber noch kaum jemand gehört hat?

Im allgemeinen Corona-Trubel ist die Durchführung unserer wohl radikalsten Ausgabe medial etwas untergegangen. 2021 avancierten zehn AutorInnen und deren Haut zu den Trägermedien ihrer eigenen literarischen Texte, die ihnen tief unter die Haut tätowiert wurden. Während der Tattoosessions im Studio Inky and the Pain, die live-übertragen wurden, kam es zu Lesungen, Gesprächen und Performances. Die Ausgabe „Das literarische Tattoo“ mit zehn Seiten stellt für mich künstlerisch eine der spannendsten Arbeiten dar. Vor allem auch, weil sich hier die Spreu vom Weizen trennte, hinsichtlich des literarischen Mutes. Übrigens widmen wir dem Thema „Mut“ die aktuelle Ausgabe „Das literarische Schneid-Brettl“, das am 13. Mai auf dem Bergisel (auf der Schanze und im Stadion) präsentiert wird.

Wahre Anekdoten kommen aus dem täglichen Beantworten von Mailanfragen, wo beispielsweise um die Zusendung eines Probe- oder Belegheftes angefragt wird, was wir in diese Weise halt nicht liefern können, denn so erscheint unser Magazin eigentlich nie. Genauso schwierig ist die Pflichtexemplar-Abgabe wie etwa bei der Nationalbibliothek, wenn wir aufgefordert werden z. B. „Die literarische Straßenbahn“ (fuhr 2007-2008 durch Innsbruck und ins Stubai, mit Lesungen in der Tram und Remise) oder eben die Tattoo-Ausgabe abzugeben.

Zusatzfrage an Thomas Schafferer persönlich: Was haben Literatur und Fußball gemein?

Fußball und Literatur passen für viele Menschen auf den ersten Blick nicht wirklich zusammen. Vordergründig wirken sie wie Gegensätze. Das eine scheint fast immer rein körperlich, das andere fast immer hochgeistig. Beim einen scheint es um Mannschaftssinn, beim anderen nur um Einzelkämpfertum zu gehen. Aber eigentlich findet Fußball nicht nur rund um die Fußreflexzonen statt, sondern primär auch zwischen den Ohren, nämlich im Kopf.

Fußball und Literatur vereinen sich vor allem dann, wenn Schriftsteller kicken und darüber schreiben. Und so bin ich noch immer mächtig stolz darauf im Österreichischen Autorennationalteam der Länderspiel-Topscorer aller Zeiten zu sein. Natürlich hat auch Cognac & Biskotten sich dem Thema Fußball gewidmet, 2003 mit dem „literarischen Sammelalbum“ im alten oder 2010 zum Thema „Fans?“ mit der „literarischen Fanklatsche“ im neuen Tivoli-Stadion, jeweils inklusive Autorenspiele.

Vielen Dank und auf die nächsten 25 Jahre!


Zum 25. Geburtstag hat sich Cognac & Biskotten ein besonderes Highlight überlegt. Ein außergewöhnliches Event. Sport und Literatur. Auf der Innsbrucker Bergiselschanze.

25. Geburtstagsevent des Tiroler Literaturmagazins COGNAC & BISKOTTEN und Präsentation der Ausgabe Nr. 43 „Das literarische Schneidbrettl“ zum Thema „Mut“ mit MARLENE STREERUWITZ und ANDREAS KOFLER u.v.m.


Jubiläumsausstellung: Zudem gibt es bis 31. Juli 2023 im Literaturhaus am Inn (Mo-Do 8-16 Uhr / Fr 8-12 Uhr) eine umfassende Ausstellung zu 25 Jahren Literaturzeitschrift Cognac & Biskotten zu sehen – mit rund 100 Erinnerungsstücken inklusive allen bisherigen 43 Ausgaben.


Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

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