Bild (c) Markus Stegmayr

Devin Townsend in Dornbirn: Teilweise gelungene Glück-Versuchsanordnung

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Devin Townsend gastierte mitsamt nagelneuer Band am Montag im „Conrad Sohm“ in Dornbirn. Gerade einmal rund 300 Leute verirrten sich dazu in die markante, aber gewöhnungsbedürftige Eventlocation in Vorarlberg. Das überwiegend männliche Ü30-Publikum wurde in der halbvollen Halle Zeuge einer nicht bis ins letzte Detail durchdachten Versuchsanordnung zum Glücklich-Sein.

Denn nicht umsonst heißt das aktuelle Album programmatisch „Lightwork“. Devin Townsend wurde in den letzten Jahren nämlich quasi vom Saulus zum Paulus, vom schwerstens experimentierfreudigen Trinker zum hartnäckigen und unverbesserlichen Mineralwasser-Konsumenten.

Die menschlichen Abgründe und destruktive Anwandlungen waren damit auch im „Conrad Sohm“ recht fern. Stattdessen übte sich die dreiköpfige Band rund um den charismatischen und unter Genieverdacht stehenden Frontmann-Glatzkopf in Albernheit und fast schon penetrant zur Schau gestellten guten Laune. Devin machte es außerdem mit Gesten klar: Es ging um nichts weniger als Licht in das Leben der größtenteils schwarzgewandeten Metal-Köpfe zu bringen.

Das tat er als Gig-Opener mit dem sinnig betitelten Song „Lightworker“, der seine Funktion klar herausstrich. Das war kein reines Musizieren mehr, das war Arbeiten im Sinne des Lichtes, des Optimismus, der Lebensfreude und der dringlichen Ansage, dem Leben trotz widrigster Umstände doch nicht Good-Bye zu sagen.

Unterstützt und getragen wurde dieses hehre Ziel von einem anfangs guten und glasklaren Sound, der der Stimme des wahnwitzigen Kanadiers sehr entgegenkam. Dennoch kam man nicht umhin festzustellen, dass man ihn bei Songs wie „Why?“ schon einmal stimmgewaltiger und mitreißender gehört hatte. Fast schien der Lichtarbeiter seine Optimismus-Masche ein wenig zu routiniert abzuspulen.

Etwas mehr glänzte Mike Keneally, der sowohl Akustik-Gitarre als auch E-Gitarre als auch Synthie bediente, manchmal gleichzeitig. Seine Virtuosität und sein durchaus im besten Sinne eigenwilliger Gesang ergänzten das eher stoische Bassspiel und den nicht weiter spektakulär agierenden Schlagzeuger.

Konterkariert wurde dieser durchaus harmonische Gesamtsound allerdings von einer Vielzahl von Einspielungen „von Band“, mit denen etwa das komplette Fehlen von Chören und Frauenstimmen kompensiert werden sollten. Hier wäre weniger mehr gewesen.

Der allerletzte Funke schien jedenfalls nicht auf das Publikum überzuspringen. Ob es an der vergleichsweise für Townsend-Verhältnisse schwachen (aber allgemein betrachtet immer noch starken) Gesangsleistung lag oder ob es an der zum Teil wenig einfallsreichen Setlist lag, in der natürlich auch „Deadhead“ oder „Kingdom“ nicht fehlen durften: Townsend versuchte gegenzusteuern.

Er schüttelte Hände, wagte den einen oder anderen Spaziergang im Publikum und ließ sich gar bei ebenjenen bei Selfies mit seinen Fans ablichten. Mehrfach schweiften insgesamt seine Blicke nicht über das Publikum, sondern hin zu einzelnen Personen, denen er mit einem breiten Lächeln, eben ganz Lichtarbeiter, wohl Optimismus und Glück zusprechen wollte.

Elfenbeinturmbewohner, Musiknerd, Formfetischist, Diskursliebhaber. Vermutet die Schönheit des Schreibens und Denkens im Niemandsland zwischen asketischer Formstrenge und schöngeistiger Freiheitsliebe. Hat das ALPENFEUILLETON in seiner dritten Phase mitgestaltet und die Letztverantwortung für das Kulturressort getragen.

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