Vom Kind, Giedo und den Sternen

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Wenn am Sonntag die Boliden in Melbourne ihre V6-Turbo-Motoren starten, geht die Formel 1 in ihre 66. Saison. Was man erwarten kann? Ein Kind mit Fixcockpit, ein Doppelweltmeister der nur zusehen darf und eine Demonstration der Sterne.

Jos ist schon drei Jahre lang Formel 1 – Fahrer als im September 1997 sein Sohn Max das Licht der Welt erblickt. Bis 2003 sollte der Holländer an insgesamt 107 Rennen teilnehmen und mit 17 Weltmeisterschaftspunkten inklusive zwei Podestplätzen zum erfolgreichsten Niederländer in der Geschichte der Formel 1 avancieren.

Silberglanz der Sterne

Deutlich mehr Punkte als Jos Verstappen konnte Doppelweltmeister Lewis Hamilton schon jetzt sammeln. Im Krieg der Sterne letztes Jahr setzte sich der Brite gegen seinen deutschen Teamkollegen Nico Rosberg im Saisonfinale in Brasilien durch. Rosberg hatte mit technischen Problemen zu kämpfen, profitierte aber auch von der Idee des Formel 1-Geschäftsführers Bernie Ecclestone, im letzten Rennen doppelte Punkte zu vergeben. Zumindest den Spaß mit den doppelten Punkten am Ende der Saison wird es heuer nicht mehr geben.
Wohl aber eine Erneuerung des Duells Hamilton – Rosberg. Der Deutsche will nach der bitteren Niederlage im Vorjahr zurückschlagen und greift schon vor Beginn der Saison in die Psychotrickkiste: „Auf den Kopf kommts an“, sagt der 29-Jährige. Eine Anspielung auf Lewis’ Trennung von On-Off Freundin Nicole Scherzinger. Das soll Hamilton schon einmal in eine mentale Krise inklusive schlechten Ergebnissen gebracht haben. Zweifelsfrei erwiesen bleibt die Dominanz von Mercedes. Ein Weltmeister der nicht den großen silbernen Stern auf der Brust trägt ist ausgeschlossen.

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Lewis Hamilton
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Es wird schwerer: Lass die Funken fliegen

2014 wurden massive Regeländerungen im technischen Bereich durchgeführt. Im heurigen Jahr wurden einige Dinge geändert, auf große und revolutionäre Adaptionen wurde aber logischerweise verzichtet. Die sehr unästhetischen „Nasenbären“ des Vorjahres gehören der Vergangenheit an. Die Gewichtsgrenze für Fahrer und Auto wurde um elf Kilogramm auf 702 Kilogramm erhöht. Für vermehrte Funkenbildung wird der verpflichtende Titanstreifen am Unterboden sorgen.
Sportlich von vielen gewünscht wurde der Neustart nach einer Safety-Car-Phase. Die Änderung wurde auf der FIA-Weltratssitzung vorgeschlagen, jedoch nicht in das endgültige Sportreglement aufgenommen. Somit bleibt es beim fliegenden Start nach einer SC-Phase. Gänzlich neu ist dafür die Einführung des „Virtuelle Safety Car“ (VSC). In einer VSC-Phase gleichen die Regeln einer normalen SC-Phase, nur wird auf das Safety Car verzichtet. Das VSC kommt also wenn doppelt geschwenkte gelbe Flaggen in einem Streckenabschnitt geschwenkt werden und Fahrer gefährdet sein könnten, jedoch das Safety Car nicht benötigt wird. Die Fahrer müssen sich dann an die bestimmte Geschwindigkeit halten.
Bei Boxenstopps sollte der Lollipop-Man genau darauf achten wann er seinen Fahrer losfahren lässt: Im Falle eines „Unsafe Release“ wird eine Zehn-Sekunden-Strafe verteilt.

Ein ganz junger Bulle für die Jungbullen

Vom Vater beeindruckt steigt Max bereits im Alter von sieben Jahren erstmals in ein Kart und wird auf Anhieb belgischer Doppel-Kartmeister. Auf europäischer Ebene wird er 2010 sofort Sieger in der KF3 Euro- und Worldseries. In allen Klassen konnte er vorne mitmischen ehe er sich Ende 2013 in Richtung Formel 3 verabschiedete.
Dann geht alles sehr schnell: Verstappen erhält ein Cockpit bei Van Amersfort Racing (Motor VW) und konnte gleich an seinem Debütwochenende mit einem zweiten Platz in Silverstone ein Ausrufezeichen setzen. Im sechsten Rennen am Hockenheimring konnte er zum ersten Mal gewinnen. Die Stationen fünf und sechs in Spa und am Norisring gewann er ausnahmslos (sechs Siege in Folge)! Red Bull ist von den Leistungen derart begeistert, dass sie den jungen Holländer in ihr Förderprogramm aufnehmen. Weiter Siege am Nürburgring, Imola und Hockenheim sollten folgen. Trotz zehn Siegen – mehr als jeder Fahrer 2014 – reicht es am Ende nur für den dritten Platz in der Endwertung. Mit einer Superlizenz ausgestattet durfte das Talent erstmals im Training zum GP von Japan Formel 1 Luft in einem Torro Rosso schnuppern. 17 Jahre und schon im Formel 1 Auto, nie war ein Fahrer jünger.
Am Sonntag wird er zu seinem ersten Start kommen und somit zum jüngsten Formel 1-Fahrer der Geschichte und zum ersten Formel 1-Fahrer unter 18 Jahren werden. Toro Rosso gibt ihm diese Chance. Die Jagd auf den Punkterekord des Vaters ist damit schon sehr früh eröffnet.

Max Verstappen ©LAT
Max Verstappen ©LAT

Giedo hat euch lieb

Dabei wollte noch ein weiterer Holländer Jagd auf den Verstappen-senior-Rekord machen: Giedo van der Garde, seines Zeichens ehemaliger Starter bei Caterham (2013) und zuletzt Testfahrer beim Schweizer Rennstall Sauber. Monisha Kaltenborn, österreichische Juristin und CEO von Sauber, gab dem Niederländer einen Stammfahrer-Vertrag für die Saison 2015. Unter dubiosen Umständen, was in der Formel 1 soviel wie hohe Sponsorgelder bedeutet, erhielten aber mit Marcus Ericsson und Felipe Nasr zwei andere Fahrer den Vorzug. Giedo lässt sich das aber nicht gefallen, zieht vor Gericht, kämpft um sein Cockpit und erhielt vor Start von einem lokalen australischem Gericht Recht. Einziges Problem: das Fehlen seiner Superlizenz.
Sauber versuchte alles um van der Garde loszuwerden, sprach vor Gericht von einer Gefahr für Giedo und die anderen Fahrer, da er das Auto nicht ausreichend lenken könnte. Nichts half, van der Garde zeigt sich erbost über die Aussagen und will Kaltenborn persönlich verklagen. Ohne Superlizenz nützt ihm das derzeit aber nichts, nicht einmal eine Trainingsfahrt sprang heraus. Van der Garde verzichtet auf sein Startrecht für Australien. Eine Fortsetzung in der Geschichte findet kommende Woche statt, zusammen mit den Teamverantwortlichen will man eine Lösung für beide Parteien finden. Saubers Kooperation mit dem Fußballklub Chelsea könnte eine Rolle spielen, brauchen die Londoner doch noch einen Busfahrer für ihre Spielweise zum Parken im gegnerischen Strafraum – Spaß beiseite, man darf gespannt sein, worauf sich die Beteiligten einigen.

Can you see the lights, Fernando?

Wolf Haas tät sagen: Jetz is scho wieder was passiert. Sebastian Vettel hatte nach 5 Jahren Red Bull genug und wechselte zu Ferrari. Doppelweltmeister Fernando Alonso verließ Maranello in Richtung seiner alten Wirkungsstätte McLaren – seit heuer nicht mehr Mercedes sondern – Honda. Bei Testfahrten in Barcelona krachte der Spanier aus bisher unbekannten Gründen mit hoher Geschwindigkeit -150 km/h – gegen die Bande. Die Folge: Gehirnerschütterung, kurzzeitige Amnesie („Ich bin Fernando, fahre GoKart und will Formel 1 Fahrer werden“) und Startverbot für Melbourne. Über einen Stromschlag ausgelöst durch einen technischen Defekt wird ebenso spekuliert wie über hohe Windgeschwindigkeiten die den Unfall ausgelöst haben sollen. Vettel der direkt hinter ihm fuhr sprach von einem komischen Unfall. Langfristige und schwere Verletzungen konnten glücklicherweise komplett ausgeschlossen werden.
Leider immer noch abwesend ist der im Oktober in Japan schwer verunglückte französische Pilot Jules Bianchi. Der junge Fahrer liegt weiterhin im Koma und kämpft um sein Leben. Laut seinem Vater herrscht geringe Hoffnung auf eine Verbesserung des Zustandes. Bianchis Rennstall Marrusia gibt es mittlerweile nicht mehr, Manor heißt deren Nachfolger. 2015 ebenfalls fehlen wird Caterham.
Das Rennen in Australien startet am Sonntag um 6:00 früh mitteleuropäischer Zeit.
UPDATE: Der Start von Valtteri Bottas am Sonntag ist nach massiven Rückenbeschwerden nicht möglich.
[otw_shortcode_info_box border_type=“bordered“ border_color_class=“otw-red-border“ border_style=“bordered“ shadow=“shadow-inner“]Endstand GP Australien
1. Lewis Hamilton GBR Mercedes 58 Runden
2. Nico Rosberg GER Mercedes + 1,3
3. Sebastian Vettel GER Ferrari 34,5
4. Felipe Massa BRA Williams 38,1
5. Felipe Nasr BRA Sauber 1:30,1
6. Daniel Ricciardo AUS Red Bull eine Runde
7. Nico Hülkenberg GER Force India eine Runde
8. Marcus Ericsson SWE Sauber eine Runde
9. Carlos Sainz ESP Toro Rosso eine Runde
10. Sergio Perez MEX Force India eine Runde
11. Jenson Button GBR McLaren zwei Runden
Out: Pastor Maldonado (VEN/Lotus), Romain Grosjean (FRA/Lotus), Max Verstappen (NED/Toro Rosso), Kimi Räikkönen (FIN/Ferrari)
Nicht am Start: Valtteri Bottas (FIN/Williams), Daniil Kwjat (RUS/Red Bull), Kevin Magnussen (DEN/McLaren)[/otw_shortcode_info_box] 

Titelbild: © xpbimages.com, Verstappen: ©LAT

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