FC Wacker Innsbruck: Die 5 großen Fehlentscheidungen

25 Minuten Lesedauer

Als ehemaliger Pressesprecher meines Herzensvereins, wollte ich mich öffentlich eigentlich nicht zu den Entwicklungen nach meiner Zeit beim Verein äußern. Fast ein Jahr lang habe ich meinen eigenen Vorsatz durchgehalten. Heute breche ich damit. Ich schreibe diesen Text in meiner Funktion als freier Journalist und als bekennender Anhänger des schwarz-grünen Traditionsvereins. Im ersten Teil liegt der Fokus noch auf unterschiedlichen Fehlentscheidungen aus der Vergangenheit. In einem nächsten Teil folgen Lösungsvorschläge.
Ein Fußballverein ist ein äußerst komplexes Konstrukt. Erfolg und Misserfolg liegen oft nur wenige Zentimeter auseinander und sind meist völlig unerklärbar. Ob sich Tausende vor Freude oder Leid gegenseitig in den Armen liegen, entscheiden oft Sekunden, oder nur ein Tor. Ich war dabei, als der FC Wacker Innsbruck, damals unter Trainer Roland Kirchler, das Wunder von Wolfsberg schaffte. Am 26.05.2013, am letzten Spieltag geschah das Unfassbare. In Minute 66, beim Spielstand von 0:2, wechselt Roland Kirchler den Stürmer Julius Perstaller, dessen Abschied nach Ried zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, ein. Dieser trifft nur sechs Minuten später in das gegnerische Tor – 1:2. Drei Minuten darauf senkt sich ein Rechtsschuss von Linksverteidiger Schilling in das gegnerische Tor – 2:2. Weitere drei Minuten später ist es wieder Julius Perstaller der trifft. Das erlösende 3:2 ist geschafft. Der einst so große FC Wacker Innsbruck ist gerettet. 5.000 Kärntner gratulieren zum Klassenerhalt. 500 Innsbrucker feiern gemeinsam mit der Mannschaft. Kollektiver Freudentaumel. Die Hoffnung auf eine positive, eine bessere Zukunft liegt in der Luft. Doch es kommt anders. Der Jubel täuscht über die fehlenden Strukturen, über den nahen Absturz hinweg. Eine Leidensgeschichte nimmt Fahrt auf und schreibt ihr nächstes Kapitel.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht

Als ich 2012 zum FC Wacker Innsbruck stieß, war der Innsbrucker Unternehmer Kaspar Plattner Präsident, der ehemalige Tirol-Profi Oliver Prudlo Sportdirektor und dessen Innenverteidigerpartner Walter Kogler (mittlerweile Trainer von Erfurt und im Aufstiegsrennen in die zweite deutsche Liga) Trainer. Oli Prudlo und Walter Kogler waren somit das sportliche Führungsduo. Die beiden vereinten nicht nur die Erfahrung von mehreren Jahrzehnten Profi-Fußball und mehreren hundert Profi-Spielen, sie ergänzten sich auch ideal. Der eine, ein akribischer Arbeiter auf dem Platz, ein Taktikfuchs. Der andere, ein redegewandter Mann mit großem Netzwerk und gutem Auge für Spieler. Doch selbst der verklärte Blick in die Vergangenheit täuscht nicht darüber hinweg, dass auch damals nicht alles perfekt war. Walter Kogler war als knorrig auftretender Trainer ein Schreck für so manchen Journalisten und Spieler mit eigenem Kopf. Oliver Prudlo war zwar ein geschickter Verhandlungspartner, aber oftmals zu gutmütig für das eiskalte Fußball-Geschäft. Doch trotz aller Macken bleibt in Summe eines stehen – beide hatten Ahnung von ihrer Arbeit, eine Ahnung vom Profi Fußball. Dies ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, den man in der Zeit danach, vor allem im strategischen Sport-Management-Bereich, beim FC Wacker Innsbruck, lange vermisste.
Auf Präsident Kaspar Plattner folge Josef Gunsch. Auf Oliver Prudlo folge lange niemand und dann der damalige Co-Trainer Florian Klausner. Auf Walter Kogler folgten erst Roland Kirchler, dann Michael Streiter und zu guter Letzt Klaus Schmidt. Nach dem Wunder von Wolfsberg herrschte allgemeine Aufbruchsstimmung. Doch genau in dieser Phase wurden entscheidende Fehler gemacht. Mit Josef Gunsch übernahm zwar ein erfolgreicher Unternehmer das Zepter, doch als bekennender und begeisterter Fußballfan fiel der Milser Sparfuchs vorher nicht auf. Dass man auch als ehrenamtlicher Präsident eine Ahnung vom Fußball-Business haben sollte, beweisen die folgenden Entwicklungen. Eine Reihe an Fehlentscheidungen verhinderte die positive Zukunft nach dem Wunder von Wolfsberg:

Fehler Nummer 1: Kein Nachfolger für Oliver Prudlo

Auf Grund der prekären budgetären Lage verzichtete der neu formierte Vorstand, rund um Präsident Josef Gunsch, auf eine Nachbesetzung des ehemaligen Sportdirektors Oliver Prudlo. (dieser wurde noch vor dem Wunder von Wolfsberg, vom ehemaligen Präsidenten Plattner entlassen) Stattdessen wurde Trainer Roland Kirchler zum Doppelfunktionär. Nicht nur einmal äußerste dieser via Medien seinen Unmut darüber und beklagte sowohl die Unvereinbarkeit der beiden Aufgaben, als auch fehlende Zeit. Ein Sportdirektor hat im Normalfall die Verantwortung für den gesamten sportlichen Bereich, vom Nachwuchs, bis hin zu den Profis. Da die Aufgaben eines Sportdirektors hauptsächlich strategischer Natur sind, haben seine Entscheidungen langfristige Wirkungen.
Eine Kaderplanung funktioniert nicht nur von Transferphase zu Transferphase, sondern über Jahre hinweg. Schon heute muss ein Sportdirektor erkennen, wo zukünftige Engpässe entstehen, wissen ob diese durch die eigene Jugend ausgeglichen werden können, oder ob externe Spieler verpflichtet werden müssen. Dafür braucht es ein dichtes und umfassendes Netzwerk und Wissen über Spieler. Neben der positionstechnischen Balance im Kader, muss auch das Altersgefüge stimmen. Die oft zitierten Säulen, also routinierten Spieler, sollen junge, hungrige Talente führen und so weiterentwickeln. Eine schlaue Kaderplanung hat somit nicht nur Auswirkungen auf den sportlichen Bereich, sondern auch auf den finanziellen. Talente früh zu erkennen, gut auszubilden und teuer zu verkaufen, ist für nicht wenige kleine Vereine eine wichtige Ertragssäule im eigenen Budget. Doch auch hier gilt: bevor man ernten kann, muss man säen. Dafür braucht es Geld für Samen und einen Mann mit grünem Daumen und Fachwissen. Dieser fehlte fast ein halbes Jahr lang.
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Fehler Nummer 2: Der Co-Trainer wird Sportdirektor

Im Fußball ist es gerade modern, Talente im eigenen Verein zu entdecken. Viele junge Spieler finden einen Platz in der Kampfmannschaft und immer mehr Jugendtrainer steigen auf und übernehmen Kampfmannschaften. Als man beim FC Wacker Innsbruck erkannte, dass im sportlichen Bereich eine wichtige Führungsposition unbesetzt war und Personal fehlte, suchte man zuerst im eigenen Verein  nach  möglichen Verstärkungen. Als potentiellen Kandidaten für den vakanten Sportdirektoren-Posten fand sich schnell Florian Klausner. Der studierte Sportwissenschaflter und Betriebswirt brachte am Papier nicht nur die ideale Mischung, sondern – offenbar – auch das beste Konzept mit. Als Co-Trainer der schwarz-grünen Kampfmannschaft erlebte er viele unterschiedliche Trainertypen, Spieler und kannte den Verein sehr genau. In einem Hearing überzeugte er den damals frisch ins Amt gewählten Vorstand mit Argumenten wie einem neuen Nachwuchskonzept und einer Neugestaltung der (bis dato nicht vorhandenen) Scoutingabteilung. Florian Klausner wurde schließlich vom Co-Trainer zum Sportdirektor befördert.  In der Theorie und vom Papier her mag diese Entscheidung nachvollziehbar sein, dennoch barg sie einige Gefahren und muss letztlich als klare Fehlentscheidung bezeichnet werden. In mehrfacher Hinsicht.
Als Co-Trainer war Florian Klausner Mitglied im Trainerstab von Roland Kirchler und damit dessen Angestellter. In seiner Funktion als Sportdirektor änderte sich diese Hierarchie schlagartig. Dass eine solche Veränderung die, auf Grund der damaligen sportlichen Lage, ohnehin angespannte und wackelige Situation verschlimmerte und die Stabilität nachhaltig gefährdete, war absehbar. Für die Medien war es in jedem Fall ein weiteres gefundenes Fressen, das genüsslich verspeist und auf den Titelseiten präsentiert wurde. So wurde dem damaligen Trainer und seinem ehemaligen Co-Trainer ein schwieriges persönliches Verhältnis unterstellt. Beide dementierten vorerst. Doch spätestens, als die sportliche Leitung und der Vorstand, auf Grund der anhaltenden schlechten Ergebnisse, dazu gezwungen waren Roland Kirchler zu entlassen, bekamen diese Gerüchte weiteres Futter und verursachten noch mehr Unruhe im Verein. Für die Spieler, die ohnehin mit den eigenen Leistungen genug zu tun hatten, war diese Unruhe sowohl ein weiteres Alibi, als auch ein unnötiger Stressfaktor.
Der neue Sportdirektor musste also schnell funktionieren und gleich in seiner ersten Transferphase Volltreffer landen, immerhin war der FC Wacker Innsbruck in der damaligen Phase akut abstiegsgefährdet. Die Durchhalteparolen mögen zwar nach außen hin laut posaunt worden sein, innerhalb des Vereins war aber die klare Devise – alles geben für den Nicht-Abstieg. Florian Klausner war dazu gezwungen im Winter Neuverpflichtungen zum Verein zu holen, die sofort einschlagen sollten. Nur so hätte der drohende Abstieg verhindert werden können. Dies gelang dem, in dieser Position, unerfahrenen Mann nur teilweise. Ji-Paraná, Bright Edomwonyi und Zeljko Djokic mögen zwar allesamt gute Fußballer sein, doch Sprachbarrieren, fehlende Spielpraxis und sensible Charaktere machten den Plänen der sportlichen Führung einen Strich durch die Rechnung. So richtig kann man dem jungen Sportdirektor jedoch keinen Vorwurf machen. Unter den schwierigen Voraussetzungen – mit wenig Geld, medialem Druck, kaum Zeit und wenig Erfahrung war fast nicht mehr möglich. Es ist dem ehrgeizigen und zweifelsohne gut ausgebildeten Mann Klausner nicht zu verdenken, dass er diesen Karriereschritt unbedingt machen wollte. Ein erfahrener Vorstand hätte ihn aber wohl vor sich selbst geschützt.

Fehler Nummer 3: Der Wechsel von Kirchler auf Streiter

Der neue Sportdirektor Florian Klausner war erst wenige Tage im Amt, als er der Anordnung des Vorstandes Folge leisten und Roland Kirchler feuern musste. Da dies wenige Spieltage vor der Winterpause passierte, entschied man sich den erst kürzlich eingesetzten Sportdirektor auch gleich als Interimscoach zu installieren. In nur wenigen Wochen veränderte sich die Rolle von Florian Klausner also zum zweiten Mal. Hey Co-Trainer. Sehr geehrter Herr Sportdirektor. Herr Trainer. Drei Anreden. Eine Person. Der Rausschmiss von Roland Kirchler war nicht für alle nachvollziehbar, intern wie extern. Auch wenn der ehemalige Coach mit seinen oft sehr emotionalen Sagern immer wieder für Unannehmlichkeiten sorgte und in dieser Phase wirklich schlechte Ergebnisse ablieferte, so war unter Roland Kirchler zumindest so etwas wie ein Wir-Gefühl entstanden. In Klopp-Manier stellte sich die Tiroler-Fußballlegende vor seine Mannschaft, watschte verbal Gegner, Medien und Schiedsrichter ab. Fußball-Tirol glaubte seinen markanten Sprüchen und dass „seine Jungs“, wirklich „seine Jungs“ waren. Auch Blicke auf den Platz und in die Statistik-Bücher beweisen dies. Unter Roland Kirchler machten einige junge Spieler, trotz der vielen Negativerlebnisse, den Sprung in die Kampfmannschaft und damit einen gewaltigen nach vorne. Eine Tatsache die man aktuell vermisst. Die jungen Spieler werden aktuell zwar immer wieder als Grund für die anhaltend schwankenden Leistungen genannt, gerade im Mittelfeld spielen jedoch viele Routiniers jenseits der 30. Da hätte man sich anderes erhofft.
Roland Kirchler nur wenige Spieltage vor der Winterpause zu entlassen war zwar erklär-, aber lange nicht für alle nachvollziehbar. Viele hätten sich gewünscht, dass man dem Vater des Wunders von Wolfsberg, noch eine Chance gibt und er die Winterpause dazu nutzen kann, den Umschwung einzuleiten. Der Vorstand entschied am 16.12.2013 anders, die sportliche Führung führte aus. 11 Tage später, zwischen Weihnachten und Silvester, wurde Michael Streiter als neuer Trainer präsentiert. Auf den temperamentvollen Motivator folgt die temperamentvolle Führungsfigur. Eine durchaus kluge Wahl, auch wenn damals namhafte deutsche Trainer vorstellig wurden. Michael Streiter ist unbestritten ein absoluter Vollprofi. In der Zeit in der ich mit ihm zusammenarbeiten durfte, hat sich dieses Bild bestätigt. Doch auch durch diese Entscheidung kehrte keine Ruhe ein – im Gegenteil. Kurz vor Beginn der Transferphase und der Vorbereitung auf die so wichtige Frühjahrssaison waren die Vorzeichen alles andere als positiv. Ein neuer Trainer mit eigenem Konzept im Kopf, verunsicherte und traumatisierte Spieler, ein unerfahrener Sportdirektor der selbst erst wenige Tage im Amt war und noch dazu als Interimstrainer einspringen musste und kaum Zeit um die Weichen auf Klassenerhalt zu stellen. Der Ausgang der Geschichte ist bekannt. Alles in allem: Gut gemeint, schlecht entschieden, viel Lehrgeld gezahlt.
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Fehler Nummer 4: Personalentscheidungen und Zielsetzung für Liga 2

Als der FC Wacker Innsbruck dann tatsächlich den bitteren Gang in Liga zwei antreten musste, rechneten sämtliche Experten fest mit einer Trennung von Trainer Michael Streiter. Doch das Gegenteil trat ein. Die sportliche Führung hielt am Trainer fest und gab die Devise „Neugestaltung und volle Kraft voraus“ aus. Worte wie „Wiederaufsteig“ wollten zwar vermieden werden, doch spätesten nach Verpflichtungen wie Pascal Grünwald oder Andreas Hölzl war klar, man will so schnell wie möglich wieder zurück in die Bundesliga. Dass dadurch eine enorme Erwartungshaltung entstand, die nicht eingehalten werden konnte, war absehbar. Die alles andere als erfolgreiche Performance in der zweithöchsten Spielklasse erinnerte viele an die vorhergehende Saison. Die Aufbruchsstimmung blieb leider nur ein PR-Sprech. Am Platz war keine Weiterentwicklung zu erkennen. Lediglich im Monat August konnten einige Erfolge eingefahren werden. Seit dem 26.09.2014 ist die Bilanz eine erschreckende. 12 Spiele – 1 Sieg, 1 Unentschieden, 10 Niederlagen.
Fünf Spieltage vor der Winterpause reagierten Vorstand und sportliche Führung. Trainer Michael Streiter, der starke Mann für den Neustart, wurde entlassen. Ihm folgte abermals der Sportdirektor als Interimstrainer. Bis zur Winterpause hätte dieser auch in der Funktion bleiben sollen. Inwiefern ein Mann am Platz stehen, Trainings leiten, Trainerstab führen, Spielergespräche führen, Kaderplanungen für den Winter anstellen UND einen geeigneten Nachfolger suchen soll und kann, bleibt ein Geheimnis. Am letzten Spieltag vor der Winterpause wurde dann doch noch ein neuer Trainer vorgestellt, der gleich ins kalte Wasser springen und mit einer Niederlage gegen den direkten Konkurrenten Austria Lustenau starten durfte.Zeitgleich  mit Trainer Klaus Schmidt, dem kernigen, steirischen Arbeiter, wurden auch die so genannten Sportbeiräte Roland Hattenberger und Nick Neururer vorgestellt. Eine Entscheidung mit Aussagekraft. Einerseits gestand sich der, seit 1,5 Jahren im Amt befindliche, Vorstand damit wortwörtlich selbst, fehlendes sportliches Know-How ein, andererseits kam diese Entscheidung einer Entmachtung von Sportdirektor Klausner gleich. Bezeichnend, dass bei besagter Pressekonferenz die Redezeit des Sportbeirates um einiges länger war, als jene des, an diesem Tag recht stummen, Sportdirektors.
Vor der vergangenen Winterpause standen die Vorzeichen also ähnlich schlecht wie ein Jahr zuvor. Ein neuer Trainer trifft auf eine zutiefst verunsicherte Mannschaft und startet gleich  mit einem Negativerlebnis, ein (entmachteter?) Sportdirektor mit fragwürdiger Entscheidungsgewalt, hoher medialer Druck, immer weniger Zuspruch aus der Bevölkerung und wiederum wenig Zeit, um die Weichen neu zu stellen. Leider hat man es wiederum verpasst, am Trainer festzuhalten, Druck rauszunehmen und die Erwartungshaltung zu verändern. Spätestens nach der zweiten Negativ-Serie hätte ich es mir gewünscht, dass ein starker Mann die Zielsetzung anpasst und dem eigenen Anhang, sowie ganz Fußball-Tirol den langfristigen Plan erklärt. Doch dafür müsste es wohl einen geben.

Fehler Nummer 5: Fehlende strategische Kaderplanung

Der Fußball ist ist ein sehr schnelllebiges Geschäft. Im einen Moment ist man ganz oben, im anderen wieder ganz unten. Ein Spieler ist gut in Form und eine kleine Verletzung genügt, um alles zunichte  zu machen. Ein Spieler entwickelt sich und wird kurz vor Ende der Transferperiode abgekauft. Auf unerwartete Ereignisse, wie sie im Fußball immer passieren können, muss man schnell, zielgerichtet und flexibel reagieren. Um das tun zu können, muss man jedoch gut vorbereitet sein. Eine langfristige, strategische Kaderplanung ist deshalb im modernen Fußball wichtiger denn je. Genau diese scheint beim FC Wacker Innsbruck aber seit Jahren nicht zu existieren.
Anders kann ich mir die momentane Kaderzusammenstellung nicht erklären. Im Tor schickt man den immer konstanten Szabolcs Safar nach Hause und holt den vom Verletzungspech verfolgten und wenig spielenden Pascal Grünwald, obwohl man mit Lukas Wedl und Julian Weiskopf zwei äußerst vielversprechende Talente im eigenen Kader hat. Diesen beiden dürfte das Gesicht eingeschlafen sein, als sie vom Wechsel des 32-Jährigen erfahren haben. Ein ruhiger, besonnener Szabolcs Safar hätte mit seinen 40 Jahren den beiden nicht nur einiges an Erfahrung weitergeben können, sondern hätte nach höchstens einer Saison auch wirklich Platz im Tor gemacht. Nun wird den beiden Talenten ein Goalie im besten Alter vor die Nase gesetzt. Es wäre nur eine normale Reaktion, würden die zwei darüber nachdenken, bei welchem anderen Verein die Chance auf Spielpraxis eine größere wäre. Ein routinierter Mann wie Pascal Grünwald wird weiters auch nicht wenig kosten und so das ohnehin schon klamme Spielerbudget weiter belasten. Ein 20-jähriger Torhüter mit Spielpraxis hingegen, hätte sich unter Umständen gut entwickelt und sogar noch Geld in die leeren Vereinskassen gespült.
Die Entscheidungen auf der Torhüter Position stehen für mich exemplarisch für den mangelnden Weitblick bei der Kaderplanung. So ist das Mittelfeld-Zentrum deutlich überaltert, während im Sturm ein wirklich routinierter Stürmer, der auch schwierige Zeiten gewöhnt ist, fehlt. Auf den Außenverteidiger-Positionen spielen mit Christian Schilling und Thomas Bergmann zwei tolle junge Spieler, die das Potential haben, bald den Sprung zu einem größeren Verein zu schaffen. Wirkliche Ersatzleute, die bereits jetzt dahinter heranwachsen – Fehlanzeige. Bei Verletzungen oder Sperren helfen hier zwar immer wieder junge Spieler aus, jedoch viel zu unregelmäßig und auf ständig wechselnden Positionen. Betrachtet man die Neuverpflichtungen genauer, so kann man auch zum Schluss kommen, dass der derzeitigen sportlichen Führung entweder der Mut, oder das Netzwerk fehlt. Bekannte, ehemalige und müde Spieler werden geholt, anstatt auf eine gesunde Mischung aus eigener Jugend und wirklichen Stützen zu setzen. Exemplarisch dafür, ist für mich die Tatsache, dass mit Peter Hlinka (trotz der langen Verletztenliste) ein 36-jähriger Spieler geholt wird, der nun einem großen Talent wie Simon Pirkl die Chance nimmt, sich in dieser schweren Situation zu beweisen. Man ist weit davon entfernt ein fruchtbarer und guter Boden für Talente zu sein. Der fehlende Weitblick in der sportlichen Führung hat damit leider nicht nur aktuell, sondern langfristige Auswirkungen auf den Erfolg des ehemaligen Tiroler Fußball-Aushängeschildes. Doch dazu in einem anderen Artikel mehr.

Fazit

In der Vergangenheit wurden, trotz guter Absichten, leider einige schwerwiegende Fehlentscheidungen getroffen. Anstatt Ruhe in den Verein zu bringen, sorgte man immer wieder selbst für Turbulenzen. Mangelnde Erfahrung, wenig Know-How-Träger und fehlende Strukturen sind nur einige Gründe für die sportliche Talfahrt. Dass die Führung des Tiroler Traditionsvereins keine leichte ist, ist bekannt. Wirtschaftlichkeit vor sportlichem Erfolg ist aus unternehmerischer Sicht auch ein guter Ansatz. Nur, wenn der sportliche Erfolg das einzige eigene Produkt ist, dann wäre es mehr als ratsam darin zu investieren, endlich die nötigen Strukturen zu schaffen und erfahrene Know-How-Träger zu verpflichten – es wäre eine fatale Fehlentscheidung dies nicht zu tun!
Weitere Gedanken und Analysen zu Kaderplanung, Clubmanagement, Vereinsidentität, vergebenen Chancen und dem Mitgliederverein folgen  in den kommenden Artikeln – hier am ALPENFEUILLETON.

Glaubt an das Gute im Menschen. Eigentlich Betriebswirt. Hat das ALPENFEUILLETON ursprünglich ins Leben gerufen und alle vier Neustarts selbst miterlebt. Auch in Phase vier aktiv mit dabei und fleißig am Schreiben.

2 Comments

  1. Interessante und ausführliche Analyse – bin schon auf die weiteren Artikel gespannt, insbesondere auf die Lösungsvorschläge.
    Dennoch ist mir die Meinung zu Roland Kirchler als Trainer unbegreiflich. Kirchler hatte eine unterirdische sportliche Bilanz und deswegen musste er gehen – so wie bei jedem anderen Verein auch.
    „Auch Blicke auf den Platz und in die Statistik-Bücher beweisen dies“ – wenn ich auf den Platz geschaut habe, habe ich schlechte Leistungen gesehen und sonst gar nichts. Und bitte – was beweisen die Statistik Bücher?

  2. Bin auch neugierig auf die weitere Analyse und habe einige Kommentare:
    1) Wie Johannes bin ich der Meinung, dass an RK eigentlich kein gutes Haar gelassen werden kann – Doppelbelastung oder nicht, der Mann hat vom modernen Fussball gehört, aber die nötige Einsicht ihn umsusetzen.
    2) Zum drüberstreuen und um die generallen Probleme im tiroler Fussball zu vertiefen wurde der man nun zum Leiter der sogenannten (in Wirklichkeit im Vergleich zur Konkurrenz ein Witz) Akademie gemacht.
    3) Streiter mag ein Profi sein, aber keiner der die Entwicklung des Fusballs in den letzten 5 Jahren ausreichend verfolgt hat.
    4) das problem bei Klausner ist nicht, dass der co zum chef gemacht wurde, sondern dass auch dieser Mann offensichtlich keinen Schimmer hat.
    5) bestes Beispiel ist Djokic – von dem abseits.at vor seiner Verpflichtung einen artikel veröffentlich hat indem ihm die nötige Klasse (im gegensatz zum obigen Artikel) für die 1. österreichische liga 1. auf der innenverteidigerposition abgesprochen wurde und 2. er zu viele rote karten kassieren würde – beides hat sich wohl als richtig harausgestellt, was das angeblich professionelle duo Klausner/streiter (wunschspieler!!!) nicht gecheckt hat haben die amateure von abseits.at gewusst – ich frage mich wieso?
    6)der sportbeirat war eine absolut richtige entscheidung – keine entmachtung des sportdirektors – sondern ganz normal wie ünerall z.b. in deutschland sitzen leute mit sportsachverstand im vorstand – nur leider viel zu spät.
    7) das hauptproblem ist, dass schon viel zu lange im eigenen saft gebraten wurde – kein aureichender austausch auf management ebene mit internationale und nationalen nachbarn, fokus auf exspieler statt fachleute bei trainerbestellungen – dadurch sinkendes niveau. Und nach dem Kirchler irgend etwas wieder flott zu kriegen ist vlt. nicht so einfach – obwohl Koller hat’s nachdem vergleichbaren Constantini doch hingekriegt.

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