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Amt und Internet

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Der Elektriker war da, um sich das Dach unseres Wirtschaftsgebäudes anzuschauen. Wir wollen die bestehende Photovoltaik-Anlage vergrößern, und dafür gibt es Subventionen. Ich sagte, ich hätte deswegen schon auf der entsprechenden Internetseite vom Land Tirol nachgeschaut, aber –

Während ich noch kurz nach dem richtigen Wort suchte, führte er den Satz fort: „Da bist du dann in Depression und Verzweiflung verfallen.“ Wir waren uns im Augenblick einig, daß die Ämter und Behörden, wenn sie solche Seiten für den allgemeinen Gebrauch machen, damit nicht das haben, was man heutzutage ein glückliches Händchen nennt. Auf deutsch, man findet dort nie, was man sucht. Auch sonst findet man im Internet nicht immer, was man sucht, aber so schlimm ist es selten.

Gestern war die Post dran. Ich hatte ein sehr großes Paket (127x60x30 cm, Gewicht 20 kg) zurückzuschicken, dessen Inhalt, per Internet bestellt, dann nicht den Erwartungen entsprach. Von der Firma hieß es, ganz kulant, man solle das Ding einfach auf die Post tragen und zurückschicken. „Unfrei“ heißt das, oder hieß das früher so schön im Fachausdruck.

So weit schien alles klar, bis ich mich fragte: Was heißt heute Post? Postämter gibt es ja nirgendwo mehr, und wie kann man wissen, wie große Stücke die Postpartner (genau heißen sie POST PARTNER) überhaupt annehmen? Ganz ohne Zweifel wird die entsprechende Auskunft irgendwo in den Weiten des World Wide Web zu finden sein, tatsächlich erinnerte es mich aber wiederum an etwas, das ich vor kurzem gelesen hatte: In den ersten Jahren der Moderne gab es in Wien ein Telefonbuch, das nicht alphabetisch nach Namen, sondern nach Nummern geordnet war. So fand man dort garantiert nur das, was man vorher schon gewußt hatte.

Das andere, was man früher probiert hätte, nämlich zunächst dort anzurufen, kommt in Wirklichkeit auch nicht mehr in Frage. Es ist zwar schon vorgekommen, daß bei der Post jemand ein Telefon abgenommen hat, sogar häufiger als bei der Telekom, aber Minute über Minute seines Leben verrinnen zu sehen, während eine charmante Tonband-Frauenstimme immer wieder die gleichen vier Sätze („Wir sind gerne für Sie da …“) zu einer Musik spricht, die einen allmählich in den Wahnsinn treibt, ist noch weniger lohnend, als fieberhaft und ergebnislos zwischen diesen vielen fröhlich gelben Seiten im Netz herumzuklicken.

Schließlich stürzte ich mich, ganz ohne Plan B, einfach ins Gewühl der Stadt und fragte beim nächstgelegenen Postpartner, praktischerweise einer Tankstelle, wo man also mit dem Auto hinfahren kann, und siehe da: Rücksendungen werden offenbar in beliebiger Größe angenommen. Nur damit Sie es auch wissen.

Walter Klier, geb. 1955 in Innsbruck, lebt in Innsbruck und Rum. Schriftsteller und Maler.
Belletristik, Essays, Literaturkritik, Übersetzungen, Sachbücher. Mitherausgeber der Zeitschrift "Gegenwart" (1989—1997, mit Stefanie Holzer). Kommentare für die Tiroler Tageszeitung 2002–2019.
Zahlreiche Buchveröffentlichungen, u.a.: Grüne Zeiten. Roman (1998/Taschenbuch 2014), Leutnant Pepi zieht in den Krieg. Das Tagebuch des Josef Prochaska. Roman, 2008. Taschenbuch 2014). Der längste Sommer. Eine Erinnerung. 2013.
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