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Untote

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Man kannte sie bisher nur aus Filmen, die Wiedergänger und Avatare. Zombies sind das, was wir seit Anbeginn der menschlichen Zivilisation fürchten oder fürchten sollten. Erst die christliche Religion mit ihrem Wiederauferstehungsmythos hat versucht, dem Menschen die Angst davor zu nehmen. Trotzdem erstarrten die Jünger, als Jesus ihnen nach dem Tod erschien…

Doch inzwischen gibt es in Korea und anderswo Unternehmen, die mittels Computertechnologie Menschen wiederauferstehen lassen. Aus Fotos, Videos, Tonaufnahmen eines Verstorbenen kann zum Beispiel dessen Bild mittels Videobrille wieder zum Leben erweckt werden, sich im gewohnten Umfeld bewegen und sogar glaubwürdige Gespräche mit den Hinterbliebenen führen. Ein Traum? Ein Geisterspuk-Alptraum!

Und dann gibt es auch noch Träume vom ewigen Leben, dem manche mittels tiefgefrorener Zellen oder hunderter täglich geschluckter Mittelchen zumindest bis zum 130. Lebensjahr nahekommen wollen — einträgliche Geschäftsmodelle, aber man stelle sich vor, das würde gelingen! Eine Welt überbevölkert von reichen, von den ewigen Wiederholungen des Lebens gelangweilten, von veränderten Lebensumständen überforderten Pensionisten! Evolutionärer Stillstand der Sonderklasse! Diese Vorstellung wird nur noch getoppt von der religiösen Idee der leiblichen Wiederauferstehung der Toten, wobei nie geklärt wurde, ob die dann im Körper des/der 20-, 40-Jährigen oder im gebrechlichen Zustand kurz vor ihrem Dahinscheiden leiblich auferstünden? Und wo fänden diese Milliarden von Körpern von Hominiden, Neandertalern bis Homo Insapiens dann ihren Lebensraum?

Nein, wenn man die Sache zu Ende denkt, mag unsere Sterblichkeit vielleicht eine individuelle Kränkung sein, aber fürs Ganze ist sie ein von einem Gott oder der Natur gegebener Segen. Wir Übriggebliebene können der Toten in jenem Zustand gedenken, der uns jeweils kommod erscheint — die besten Erinnerungen bleiben übrig, die schlimmsten kann man vergessen. Und irgendwann wird die Existenz von uns allen in einem historischen und biologischen Brei — zu dem wir hoffentlich mehr Gutes als Schlechtes beigetragen haben — zur Lebensgrundlage für kommende Generationen. Den unbedeutenden Großteil unserer Existenz kann die Nachwelt getrost vergessen.

Deshalb, bitte auch ABBA, die ihr jugendlich auf ewig auftreten wollt, nehmt euch nicht so wichtig! Ihr Manager und Geldeintreiber, lasst bitte Whitney Houston in Frieden ruhen! Paul und Ringo, lasst Songs von ehedem und Johns Stimme auf dem alten Band. Der nicht produzierte Song war damals schon langweilig und ist es heute immer noch. Belasst es beim würdevollen Abschied und geht nicht als Untote ewiglich auf Tournee! Lasst es einfach mal gut sein!

Geboren 1954 in Lustenau. Studium der Anglistik und Germanistik in Innsbruck Innsbruck. Lebt in Sistrans. Inzwischen pensionierte Erwachsenenbildnerin. Tätig in der Flüchtlingsbetreuung. Mitglied bei der Grazer Autorinnen und Autorenversammlung Tirol, der IG Autorinnen Autoren Tirol und beim Vorarlberger AutorInnenverband. Bisher 13 Buchveröffentlichungen.

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