Wie die Letzte Generation der letzten Generation schadet

Konfrontation ja, aber bitte mit Sinn.

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Foto von Markus Spiske auf Unsplash
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Auch wenn die Thematik in den Medien zuletzt eine untergeordnete Rolle mimte, der Klimawandel existiert natürlich weiterhin. Fern der medialen Aufmerksamkeit steigen die Temperaturen in rekordverdächtige Sphären, zu mehr als Randspalten in den Zeitungen reicht es momentan jedoch nicht. Selbst die jahrelang mahnende Bewegung „Fridays for Future“ kümmert sich mittlerweile um andere Thematiken und hatte zuletzt den grandiosen Einfall, sich gar zum Nahostkonflikt zu positionieren. Eine Entscheidung, für die es – zurecht – Kritik hagelte. Denn so gut wie hier passte das Sprichwort „Schuster bleib bei deinen Leisten“ in letzter Zeit nämlich selten.

So ist es aktuell einzig und allein die „Letzte Generation“, die insbesondere über ihre Kanäle in den Sozialen Netzwerken auf eigene Taten und Aktivitäten hinweist, die auch nach zwei Jahren noch jenen der Anfangsphase gleichen. Eine Weiterentwicklung hat es, trotz der enormen und weitestgehend negativen Resonanz der Bevölkerung nicht gegeben. Der Diskurs wurde längst verdrängt, und natürlich ist daran nicht die Organisation schuld, aber sie schaffte es tatsächlich, die Klimadebatte dermaßen in die Lächerlichkeit zu ziehen, dass Witze über das „Klimakleben“ in der Popkultur mittlerweile omnipräsent sind und die Aktionen nicht mehr als ein lästiger Begleiteffekt sind, den Politiker:innen nicht einmal noch kommentieren müssen. Und das, obwohl die Beweggründe der Letzten Generation eigentlich die richtigen sind, und die Geduld sowie Bereitschaft der Aktivist:innen im Grunde beneidenswert sind. Was nichts hilft, wenn es an Ausführung und mangelnder Selbstreflexion scheitert.

Weil normale Bürger und Autofahrer nun mal nicht die Hauptschuldigen sind, diese von den Aktionen jedoch am meisten betroffen sind. Weil die Debatte nicht auf Augenhöhe geführt wird, selbst die Aufklärung oft mit einem Funken Überheblichkeit einhergeht, und von verschiedenen Seiten nicht verstanden wird, dass die Welt nicht einfach in Gut und Böse, oder Gut und Schlecht unterteilt werden kann. Da Grautöne allgegenwärtig sind, und manche Menschen nun einmal keine andere Wahl haben, als auf entsprechende Karten zu setzen.

Dazu ist es wenig vorteilhaft, Events wie den Berlin-Marathon, der sich voll und ganz mit dem Laufen und damit dem klimaneutralsten Mittel der Welt beschäftigt, zu stören. Dies bewirkt nämlich nicht die gewollte Reflexion oder gar eine Veränderung, sondern überwiegend Häme, die Kritiker:innen und Gegner:innen als Nährstoff dafür dient, den Diskurs geschickt vom eigentlichen Thema wegzulenken und den Klimaaktivismus mit der Klimadebatte oder gar dem Klimawandel gleichzusetzen. Oder gar den einen Begriff als Synonym für den anderen zu verwenden.

Dass etwas gemacht werden muss, steht bei mitdenkenden Menschen ja ohnehin außer Frage, und dass die Letzte Generation in Sachen Aufklärung und Sichtbarkeit tatsächlich eine wichtige Rolle einnehmen könnte, insbesondere nachdem Fridays for Future das Vermächtnis ihrer guten Ursprungsidee mit Füßen tritt, ist ebenfalls klar. Allerdings sollten die Aktionen zukünftig die Verantwortlichen treffen, Konzerne, Politiker, usw., und eben nicht die gewöhnliche Bevölkerung, die den Sinn der Sache dadurch aus den Augen verlieren und sich von den laut schreienden Parteien verstanden fühlen könnte. Denn Gegner wird man durch diese frontale Art der Konfrontation und das fehlende Taktgefühl nicht überzeugen können, und vermutlich wird dies bei einigen ohnehin nicht mehr gelingen. Aber durch die falschen Methoden könnten neutrale, noch unsichere Menschen vergrault werden, wodurch die Motivation schlussendlich nur bei jenen Menschen hängen bleibt, die eh schon von der Sache überzeugt sind.

PS: Allerdings darf man bei aller notwendigen Kritik nicht vergessen, dass es die Menschen von der Letzten Generation sind, die sich für eine Zukunft einsetzen, von der nicht nur sie allein – sondern auch ihre Kritiker:innen – profitieren. Man darf auch nicht vergessen, dass der Einsatz für die Rettung des Planeten zumindest moralisch richtig ist. Und man darf auch nicht vergessen, dass diesen Menschen, trotz immer deutlicheren Beweisen definitiv zu wenig Gehör geschenkt wird. Dazu sind Strafen wie jene in Deutschland komplett überzogen und realitätsfern, ohne das erforderliche Gespür für die Sache. Ganz zu schweigen von den vollkommen idiotischen Vergleichen mit Terroristen, die Morddrohungen oder die Hetze, die es aufgrund ihrer dermaßen immensen Dämlichkeit eigentlich überhaupt nicht zu kommentieren braucht und die auch nur von jenen Menschen kommt, die den Schuss sowieso nicht gehört haben. Nichtsdestotrotz könnte die Letzte Generation etwas Selbstreflexion, Taktgefühl und Veränderung gut vertragen. Um einem eigentlich unerreichbaren Ziel zumindest einem Schritt weit näher zu kommen.

2000er-Jahrgang. Student. Schreibt gelegentlich Bücher und Texte. Mag alles was mit Sport zu tun hat. CR7 > Messi.

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