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Wo suchen Sie nach ihrem Zuhause?

Ein kleiner Selbstversuch.

11 Minuten Lesedauer
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Nach Hause kommen – nach einem arbeitsreichen und fordernden Tag, nach einem Tag voller Erlebnissen und Erfahrungen, nach einer längeren Reise – einfach nur nach Hause kommen können –  ein wirklich gutes Gefühl!

Für die meisten Menschen ist dieses „nach Hause kommen“ positiv besetzt. Ankommen an einem schönen und sicheren Ort, an dem sie sich wohlfühlen und wo sie willkommen sind. Ein Ort, an dem sie die Welt hinter sich lassen und abschalten können. Ein Ort, an dem sie nicht irgendwie sein müssen, sondern einfach so sein können, wie sie gerade sind.

Das Gefühl nach Hause zu kommen

Nach Hause kommen bezeichnet nicht nur einen Ort, an dem wir wohnen, sondern es beschreibt auch ein Gefühl. So können wir ebenfalls zu Hause sein, ohne dabei dieses Gefühl zu erleben.

Vielleicht ist das Heim, in dem wir uns befinden, nicht einmal ein angenehmer oder sicherer Ort?


Unbedingt mehr lesen. Der persönliche Blog von Psychotherapeutin und Autorin Brigitte Fuchs.
Unbedingt mehr lesen. Der persönliche Blog von Psychotherapeutin und Autorin Brigitte Fuchs.

Bei einem anderen Menschen nach Hause kommen

Manche Menschen suchen dieses Gefühl nicht an einem Ort, sondern bei einem anderen Menschen.

Sie suchen nach einer Person, bei der sie ankommen, bei der sie das Gefühl haben nach Hause zu kommen. Einen Menschen, zu dem sie eine tiefe Verbindung und Verbundenheit spüren und bei dem sie sich geborgen fühlen.

Hinter dieser Form des „nach-Hause-kommens“ versteckt sich meist eine lange Zeit der Suche und so geht es mit einer großen Erleichterung, mit einem „endlich bin ich angekommen“, einher.

Das eigene, innere zu Hause

Nach Hause kommen kann viel mehr sein, als nur an einem Ort anzukommen oder den Seelenpartner endlich gefunden zu haben. Nach Hause kommen kann ebenfalls bedeuten, dass wir nicht bei einem anderen Menschen, sondern bei uns selbst landen.

Das tief verankerte Bedürfnis nach Hause zu kommen

Das Gefühl nach Hause zu kommen beschreibt ein tief verankertes Bedürfnis, welches wir in uns tragen. Es stellt sich lediglich die Frage, wo wir dieses Zuhause suchen? Suchen wir es

  • an einem Ort – Ein Land in dem wir uns sicher fühlen, eine Wohnung oder ein Haus, das uns gehört, dass uns niemand wegnehmen kann und in dem wir uns wohlfühlen?
  • bei anderen Menschen –  Suchen wir Freunde oder eine Familie, die uns dieses Gefühl von Heimat vermitteln oder suchen wir einen einzelnen Menschen, einen Seelenpartner?
  • in anderen Welten –Kommen wir in dieser Welt nicht wirklich an, werden wir nicht verstanden oder immer wieder verletzt, fühlen uns nicht wirklich sicher oder geborgen, dann suchen wir dieses Zuhause möglicherweise nicht mehr in dieser Welt. Aber die Suche hört deswegen nicht auf, wir suchen lediglich woanders. Wir suchen außerhalb von dieser Welt. 
  • oder einfach nur in uns selbst?

Die Suche nach dem weltlichen zu Hause

Anfangs wendet sich unsere Suche üblicherweise nach außen. Wir suchen in der Welt, versuchen das perfekte Eigenheim oder die perfekte Familie zu finden, versuchen unser Umfeld so zu gestalten, dass wir dieses Bedürfnis befriedigen. Daher bricht dann auch eine Welt für uns zusammen, wenn wir dieses Heim oder diese Familie wieder verlieren.

Die Sehnsucht zu Hause anzukommen

Manche suchen diese Geborgenheit und dieses Ankommen in anderen Menschen oder suchen in anderen Welten nach diesen Gefühlszuständen.

Während all der Zeit der Suche ist uns oft nicht einmal wirklich klar, wonach wir eigentlich suchen. So fangen wir oftmals erst spät an, dieses Gefühl des nach Hause kommens in uns selbst zu suchen.

Der schwierige Weg nach Hause

Eine Suche, die gar nicht so einfach für uns ist. Während der Zeit unserer Suche im Außen vergessen wir nämlich zunehmend darauf, zu uns selbst zurückzukehren.

So erscheint es uns selbstverständlich zu sein, morgens aus dem Haus zu gehen und abends dorthin zurückzukehren.

Innerlich gehen wir aber ebenfalls jeden Tag aus dem Haus, gehen weg von uns selbst, wenden uns nach außen, in die Welt.

Schaffen wir es dann auch wieder zu uns selbst zurückzukehren?

Kehren wir an dem Ort unseres Zuhauses zurück, bedeutet es ja noch nicht, dass wir uns dort auch selbst begegnen.

Da gibt es andere Personen und all die anderen Ablenkungen – wie Arbeiten, die noch zu erledigen sind oder das Handy, welches unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht.

In solchen Momenten wandert auch zu Hause unsere Aufmerksamkeit nach außen in die Welt und weg von uns selbst.

Wir verlieren unser Zuhause aus den Augen

Was uns im Konkreten klar und logisch erscheint, erkennen wir in den verborgenen psychischen Prozessen nicht unbedingt.

Gehen wir beispielsweise morgens aus dem Haus, sehen wir das Haus noch. Je weiter wir uns jedoch vom Haus entfernen, umso mehr verschwindet es aus unserem Blickfeld.

Das Haus ist weiterhin da. Wir sehen es nur nicht mehr, weil wir zu weit weg sind. Gehen wir dann immer weiter und kehren nie mehr zurück, verschwindet es nicht nur aus unserem Blickfeld, sondern zunehmend auch aus unserer Erinnerung.

Irgendwann suchen wir uns dann vielleicht ein anderes Haus und sind so mit unseren Belangen beschäftigt, dass wir gar nicht mehr auf die Idee kommen, nach dem ursprünglichen Haus zu suchen oder dorthin zurückzukehren.

So in etwa ergeht es uns aber, wenn wir nicht regelmäßig zu uns selbst zurückkehren. Wir fangen an, dieses ursprüngliche Zuhause zu vergessen, wir vergessen auf uns selbst!

Ein kleiner Versuch um nach Hause zurückzukehren

Haben wir uns zu weit entfernt, vergessen wir nicht nur nach Hause zu kommen, sondern wissen manchmal auch gar nicht mehr, wie wir wieder zu uns selbst zurückfinden. Das Ganze mag jetzt nach einer großen Herausforderung klingen, es ist aber gar nicht schwer. Versuchen Sie doch einmal Folgendes:

Setzen Sie sich hin, nehmen Sie eine bequeme Position ein und schließen Sie ihre Augen. Beobachten Sie nun was geschieht, wenn Sie ihre Augen schließen.

Im ersten Moment ist diese Übung ein wenig ungewohnt. Normalerweise merken wir aber relativ rasch, wie viele Reize wegfallen, wenn wir unsere Augen einfach einmal nur schließen. Gut 80 Prozent der Reize nehmen wir über die Augen auf. Schließen wir unsere Augen, verschließen wir dieses Wahrnehmungstor. Anfangs greifen wir dann meist auf andere Kanäle, wie das Hören, zurück und so nehmen wir vermehrt die Geräusche aus unserem Umfeldes auf. Nun können wir unsere Polung nach außen erkennen. Obwohl wir nichts mehr sehen, versuchen wir weiterhin die äußere Welt mitzubekommen.

Doch schon bald zieht es unsere Aufmerksamkeit auf uns selbst zurück, was allerdings nicht unbedingt bedeutet, dass es ruhiger in uns wird.

Fallen die äußeren Ablenkungen weg, bekommen wir die inneren Prozesse stärker mit. Somit treten unsere Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen verstärkt in den Fokus unserer Wahrnehmung. Jetzt bekommen wir mit, wie laut es in uns eigentlich ist.

Zu sich nach Hause kommen

Aber das ist noch längst nicht alles. In dieser Übung schlummert ein kleines Geheimnis. Wenn Sie ihre Augen geschlossen haben, verliert sich die äußere Welt. Was bleibt dann noch übrig? Sie bleiben übrig, Sie sind da! Wenden wir den Fokus von der Welt ab, landen wir bei uns selbst. Wir werden sozusagen auf uns selbst zurückgeworfen und kommen nach Hause – zurück zu uns selbst!

Sobald wir die Augen wieder öffnen – und bitte beobachten Sie einmal ganz bewusst ihre Reaktion darauf – blicken wir nicht nur in die Welt. Wir wandern mit unserer Aufmerksamkeit nach außen.

Die Welt ist ein durchaus interessanter Ort, an dem es vieles zu entdecken, zu erkunden und –  wenn wir älter sind auch zu erledigen gibt. Dennoch wäre es gut, wenn wir die innere Heimat nicht vollständig dabei vergessen. Denn da gibt es dieses eine zu Hause, welches nie weit entfernt von uns ist. Dazu brauchen wir nur die Augen zu schließen und schon haben wir jenen Weg gefunden, der nach innen führt.

In diesem Sinne, wünsche ich Ihnen ein gutes nach Hause kommen, ein nach Hause kommen zu sich selbst.

Der neueste Beitrag auf dem Blog von Psychotherapeutin und Autorin Brigitte Fuchs:

Auf der Suche nach Verbundenheit – by Brigitte Fuchs (substack.com)

Im Hauptberuf selbstständige Psychotherapeutin mit freier Praxis in Innsbruck. Langjährige Erfahrung in der Begleitung von Menschen. Mehrere Publikationen in diesem Bereich. Erste Buchveröffentlichung: Das Buch des bewusst seins (ISBN-10: 3743101572, Book on Demand). Nebenbei Bloggerin und AFEU-Autorin.

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