Von heimischen Bären und Seebären

5 Minuten Lesedauer
Foto (c) Prinz Grizzley and his Beargaroos

Ein Wald reicht aus

Natürlich kann man es als postmoderne Erscheinung betrachten, wenn Grizzleybären und Seemänner im Bregenzerwald ihr Unwesen treiben. Die „Beargaroos“ als Kompositum würden jedenfalls dafür sprechen. Viel eher scheint es aber so, als würden dem Gsi das Mandoline-Spielen und Seemannsgarn-Spinnen einfach im Blut liegen.
Einen folkigen Bart kann man sich auch in jedem Hinterwald wachsen lassen, es muss nicht Kansas sein, und dann fehlen nur mehr Hosenträger und Cowboy-Boots für das richtige Americana-Gefühl. Die Steelguitar verhilft zu fröhlichen Ausflügen in den Country.
Das Schöne daran: Da ist nichts abgekupfert, das ist authentischer Vorarlberger Folk. Es braucht dafür nicht mehr als ein heimisches Wäldchen (es kann auch ein ausgewachsener Wald sein) und die Möglichkeit zum musikalischen Ausdruck.
Beides ist etwas ziemlich Universelles, oder jedenfalls Globales, und kaum an Zeit und Ort gebunden. Es ist auch schön traditionell und kann damit eine zunehmend drängende Sehnsucht stillen. Schon früh am Abend heißt es außerdem in minutenlanger Dauerschleife „Hallelujah, praise the Lord!“ – und auch das ist eine ziemlich universelle Angelegenheit.

Wir brauchen keine Effekte, danke!

Und immer noch ist es ganz aufrichtig einfach gute Musik. Es kann nicht anders sein – dazu ist die Stimmung einfach zu fein. Und man ist, auch in Zeiten der recht unbegrenzten Soundmöglichkeiten, versucht zu sagen: Mehr muss Musik nicht können. Mehr soll sie gar nicht können. Und alle Effekthascherei ist nur ein Versuch, den Mangel an echtem Gefühl zu überspielen.
Gute Musik ist zeit- und ortlos. Das Early Bird ist ein richtig guter Ort dafür. Es wird zunehmend zur besten Venue, um sich genau das – gute Musik, nebst einer kennerschaftlichen Auswahl an gutem Bier – zu Gemüte zu führen, ohne Stress und ohne ideologisches Programm.
Und die Atmosphäre passt. Wieso sonst sollten Künstler, die ohne Probleme viel größere und weniger wohnzimmerartige Räume füllen könnten, trotzdem so gerne dort spielen?
Zu Prinz Grizzley passt die Wohnzimmeratmosphäre aber eh sehr gut – so als würden sie nach getaner Wildjagd ein bisschen bei guter Musik ausspannen. Da stört es auch wirklich überhaupt nicht, wenn nicht alle Bandmitglieder Schuhe tragen.
Zwischen hier und der Heimat der Beargaroos liegen glücklicherweise nur wenige Wälder und, trotz emotionaler Nähe zur Seefahrt, auch kein Ozean. Der Alkohol mag in Strömen fließen (was dann zu unangenehmen Überraschungen beim Aufwachen führen kann), aber mit Prinz Grizzley wird man zumindest nur angenehme Überraschungen erleben.
Eine solche könnte sein, dass sie noch etwas tiefer in die Blueskiste greifen. Es reicht aber auch, wenn sie einfach mal wieder kommen. Dann hoffentlich ins Early Bird, das nicht nur in diesem speziellen Fall für die Weekender wird einspringen müssen. In der Zwischenzeit gibt es eine ganze Reihe guter Shows, um das Warten auf die Beargaroos zu überbrücken. Geduld ist übrigens eine ganz traditionelle Tugend.

Weitere Veranstaltungen:

  • Im Early Bird geht es heute Abend mit echter, diesmal türkischer Folklore weiter. Zu hören gibt es „Ein Freitagsmärchen“.
  • Der 15.03. ist die beste Gelegenheit, sich anzuschauen, was andere Länder so für Folk machen und wie anders der ist. Da ist Kieran Halpin aus Irland mit seinem neuen Soloalbum zu Gast.
  • Am 17.03. dann eher funkig als folkig: Andrew „The Bullet“ Lauer.
  • Wer noch ein wenig warten kann, wird außerdem am 14. April das Wiener Gospel Dating Service in der p.m.k. zu hören bekommen – allerdings ganz unfolkig ohne Gitarren.

Zum Reinhören

Schreibe einen Kommentar

Your email address will not be published.