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Bisch a Luada

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Es ist schon wieder einige Zeit her, seit das Wörtchen Luder für Aufregung sorgte. Um selbige, nämlich um die Aufregung, soll’s hier allerdings nicht gehen. Ich erinnere mich, damals irgendwo die Behauptung gelesen zu haben, Luder werde ausschließlich für weibliche Personen verwendet und ausschließlich abwertend. Und da protestierte meine Pedanterie. Ich hab’ nämlich heute noch die Stimme meines Vaters im Ohr, wenn er zu mir sagte:

„Bisch a Luada.“

Das war eindeutig anerkennend gemeint, wenn ich eine kniffliges Problem mit Witz, List oder Geschick gelöst hatte. Und ich bin männlichen Geschlechts.

So einfach ist die Sache also nicht.  Früher pflegten wir nämlich auch zu sagen:

„Der Ehrgeiz isch a Luada.“

Womit ich nicht die geringste Absicht bekunde, den Herrn Landesrat zu entlasten. Der hat’s, soweit ich das abschätzen kann, genau so gemeint, wie’s ihm unterstellt wurde, der Unmut entlud sich folglich zu Recht über seinem Haupte. Es ist bloß so, dass oben angeführte Behauptung zu kategorisch war. Es gibt Ausnahmen.

Mehr ist dazu eigentlich nicht zu sagen. Wir wollen den verbleibenden Platz daher mit Erfreulicherem füllen – den stehenden Sprüchen zum Beispiel, mit welchen mein Vater gewisse Tätigkeiten zu begleiten pflegte. Nehmen wir an, wir befänden uns in jenem Kellerraum unseres Wohnhauses, der unter anderem auch als Werkstatt diente. Ein Handmixer liegt auf der Werkbank, zu jener Zeit das Neueste vom Neuen. Aber er funktioniert nicht: genau die Herausforderung, die mein Vater liebte. Er zerlegte das Gehäuse – damals noch möglich, da die beiden Hälften nicht verschweißt waren, sondern von kleinen Schrauben zusammengehalten wurden. Nun ging’s an die Fehlersuche. Wenn die vergeblich blieb, dann kam der Seufzer:

„Mich laust der Affe.“

Wenn sie hingegen zu einem eindeutigen Ergebnis geführt hatte, quittierte mein Vater dies mit den Worten:

„Da liegt der Hund begraben!“

Oder aber, bei anderer Gelegenheit:

„Hinc illae lacrimae.“ (Daher also die Tränen.)

Nun musste ein Weg gefunden werden, den Fehler zu beheben. Es mochte sein, dass sich unvorhergesehene Schwierigkeiten in den Weg stellten, sodass ich willens war, das Unternehmen als gescheitert aufzugeben. Nicht so mein Vater:

„Noch ist Polen nicht verloren!“

Es mochte aber auch sein, dass ich mit meinen jüngeren und deshalb schlankeren Fingern eine Stelle erreichte, die sich seinem Zugriff entzog.

„Bisch a Luada!“

Oder aber auch:

„Bisch a Hund.“

Schließlich hatten wir den Fehler behoben – hofften wir zumindest – und die dünnen Drähte mussten wieder an ihren angestammten Platz gebracht werden.

„Und verlegen sie genau in den Hof der guten Frau.“

Wilhelm Busch, wie die meisten noch wissen dürften, und den zitierte mein Erzeuger mit Vorliebe.

Die blanken Enden der Drähte wurden angelötet oder mit winzig kleinen Schrauben festgeklemmt. Mein Vater überprüfte gewissenhaft den festen Sitz.

„Hängt von Hengkovic“, stellte er zufrieden fest.

Nun kam ein kritischer Schritt: der Probelauf.

„Jetzt kommt der Moment, wo der Aff’ ins Wasser rennt.“

Und wenn das Werkl funktionierte, wie’s sollte, dann hieß es:

„Läuft wie ein Glöckl.“

Das Gehäuse wurde wieder zusammengeschraubt und gereinigt. So übergab er das Gerät meiner Mutter.

„Schöner wie neich!“ (neu)

H. W. Valerian (Pseudonym), geboren um 1950. Lebte und arbeitete in und um Innsbruck. Studium der Anglistik/Amerikanistik und Germanistik. 35 Jahre Einsatz an der Kreidefront. War Freischaffender Schriftsteller und Journalist, unter anderem für die Gegenwart. Mehrere Bücher. Mehr Infos auf der persönlichen Website.

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