(c) Helmuth Schönauer

INNS´WURST (5): Nicht einmal die Sonne ist gratis!

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In Innsbruck ist alles segmentiert. Nicht nur die Themen im Gemeinderat sind so zerteilt, dass zwischen den einzelnen Teilen kaum ein Konsens hergestellt werden kann, das politische Personal ist längst als Einzelpersonen unterwegs, die sich noch dazu selbstgespalten zeigen wie bei schizophrenen Schüben. Und auch außerhalb des Magistrats ist alles zerlegt und segmentiert.

Die einzelnen Altersgruppen haben ihre Reviere, die sie täglich mit Hund, Laufzeug oder bloßen Füßen bestreichen.

Auch die Verkehrszeiten öffentlicher Begegnung sind so eingeteilt, dass Studenten kaum mit Pensionisten in Berührung kommen, Kinder selten mit dem Nachtleben, und Konsumenten kaum mit Konsumverweigerern.

Und alles hat seinen Preis und kostet. Innsbruck ist nicht nur teuer, es hat auch niemand Wohnrecht, der nicht ordentlich was geerbt oder sich mit einem fetten Geldpolster eingekauft hat.

Ab und zu gibt es ein Loch im monetär fest verwobenen Netz. Zum Beispiel findet die Sonne manchmal ein Loch und scheint auf die Betonriegel des Inns, der sich grün und braun schämt, während er im Kanalbett die Innenstadt durchschießt.

An den Betonplatten räkelten sich bis vor kurzem noch Studenten, die im Sonnenschein eine kleine Pause vom Geldausgeben einlegen wollten.

Nichts da. Mit einem Paragraphen über Hochwasserschutz hat das Wasseramt das Liegen in der Sonne untersagt.

Die Jungen machen eine Demonstration in den Formaten „Snack und Smoothie“ und halten ein Schild in die lokale Kamera, dass die Sonne gratis sei.

Sonst scheinen sie wieder alles hinunterzufressen, was ihnen da die Alteingesessenen täglich an Verdruss zukommen lassen.

Freilich nimmt der Ärger auch unter den Pensionierenden zu. Immer öfter hört man sie fluchen, dass Innsbruck eine Scheiß-Stadt sei, wenn sie mit den Jungen so umgeht. Dass sogar das Gratisliegen verboten ist, wird allmählich selbst eingefleischten Wohn-Kapitalisten zuviel.

Immer öfter hört man die Parolen der Alten, die unerkannt bleiben wollen, wenn sie fordern:

– Ihr Jungen steht auf und macht Krawall, bis die Sonne wieder gratis ist.

– Bürgermeister, pass auf dich auf, wenn du das Ufer hinter der Mauer abbaggerst. Die Erde hinter der Ufermauer abzutragen, bis der „amtliche Sicherheitsmeter“ erreicht ist, wirkt zwar sehr schlau, aber was ist, wenn der Hochwasserschutz dadurch gefährdet wird? Du haftest womöglich persönlich für Schäden, die bei Hochwasser entstehen.

– ÖH, schließe endlich eine Pauschalversicherung ab, wonach alle Schäden gedeckt sind, die durch das Sonneliegen auf der Ufermauer entstehen!

Und ihr alle, die ihr im April zur Gemeinderatswahl geht: Wählt Taten und nicht Floskeln!

STICHPUNKT 23|94, geschrieben am 22.11. 2023

Geboren 1953. Ist seit Gerichtsverfahren 1987 gerichtlich anerkannter Schriftsteller, bis 2018 als Bibliothekar an der ULB Tirol. Als Konzept-Schriftsteller hält er sich an die These: Ein guter Autor kennt jeden Leser persönlich.

Etwa 50 Bücher, u.a.:
* BIP | Buch in Pension | Fünf Bände (2020-2024)
* Anmache. Abmache. Geschehnisse aus dem Öffi-Milieu. (2023)
* Austrian Beat 2. [Hg. Schneitter, Schönauer, Pointl] (2023)
* Verhunzungen und Warnungen. | Geschichten, entblätterte Geschichten, verwurstete Geschichten. (2022)
* Outlet | Shortstorys zum Überleben (2021)
* Antriebsloser Frachter vor Norwegen | Austrian Beat (2021)
* Tagebuch eines Bibliothekars | Sechs Bände (2016-2019)

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